- Besonders in der Hauptstadtregion stellt die kleinteilige Kultur- und Kreativwirtschaft einen wichtigen Wirtschaftszweig dar und wird von den jeweiligen Verwaltungen, aber auch von der Bundesregierung mittels der Initiative Kultur- & Kreativwirtschaft gefördert und unterstützt. Welche Bedeutung hat dieser Sektor für Ihre Partei? Sollen die aktuellen Initiativen beibehalten, vielleicht sogar ausgebaut werden?
- Die Kreativwirtschaft hat für uns eine sehr hohe Bedeutung. Kleinstunternehmen, Freischaffende und Soloselbstständige stehen bei uns im Fokus. Wir setzen uns dafür ein, dass Gründungsförderprogramme stärker auf die Bedürfnisse der Kultur- und Kreativwirtschaft zugeschnitten werden. Den Berufsverbänden der Kreativen, die sich für Beratung, Weiterbildung, politische Interessenvertretung und Vernetzung einsetzen, wollen wir unterstützen, indem wir es ihnen ermöglichen, für ihre Arbeit projektbezogene Förderung zu bekommen. Im Urhebervertragsrecht setzen wir uns weiterhin für ein verbindliches Schlichtungsverfahren ein – und für ein Verbandsklagerecht, das sich auch auf Außenseiter erstreckt (also auf Unternehmen, die an der Aushandlung einer branchenweit gemeinsamen Vergütungsregel nicht beteiligt waren). In Branchen, wo die Kreativen stark in Produktionsabläufe und Verwertungsketten eingebunden sind, sollen Branchenfonds entwickelt werden, um ökonomisch wenig tragfähige, aber gesellschaftlich oder kulturell bedeutsame Projekte ohne Dumpinghonorare zu ermöglichen. Und wir wollen das Statusfeststellungsverfahren so reformieren, dass häufige Statuswechsel zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung, wie bei kreativer Projektarbeit üblich, ohne bürokratische Hürden möglich sind und nicht zu Nachteilen in der Absicherung führen.
- Kürzlich wurde der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) aufgestockt. Bevorzugt gefördert werden große (internationale) Produktionen, die den Standort Deutschland wettbewerbsfähig halten sollen. Innovative Serien- oder VR-Projekte aber kommen zu kurz. Wie sieht Ihre Partei die Filmförderung in Deutschland? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um allen Akteuren der Film- und Produktionsbranche gerecht zu werden?
- Die Aufstockung des DFFF begrüßen wir. In dem Spagat zwischen kultureller und wirtschaftlicher Förderung ist es wichtig, auch kleine und innovative Filmprojekte zu fördern und den Fokus nicht ausschließlich auf internationale Großproduktionen zu legen. Serienformate und VR-Projekte werden derzeit mit jährlich 10 Millionen Euro durch den German Motion Picture Fund gefördert, der am Bundesministerium für Wirtschaft und Energie angesiedelt ist. Diese Trennung von verschiedenen Förderprogrammen zwischen den Ministerien wollen wir aufheben, für die Filmförderpolitik sollte die BKM vollumfänglich zuständig sein. Hierdurch würde auch wieder der kulturelle Schwerpunkt der Förderpolitik betont. Bei der Vergabe von Fördermitteln ist es zudem von zentraler Bedeutung, Anreize zu setzen, die zu fairen Produktionsbedingungen am Set für alle Akteurinnen und Akteure führen. Mitarbeitende müssen gerecht bezahlt werden, Frauen als Regisseurinnen, Produzentinnen und Drehbuchautorinnen müssen gleiche Chancen bekommen wie ihre männlichen Kollegen und eine ökologisch und sozial nachhaltige Filmproduktion sollte durch die Förderkriterien belohnt werden.
- Ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor, besonders in Berlin und Brandenburg, sind Entwicklungsstudios für Online- und Mobile-Games. In der Branche werden Games längst als Kulturgut bezeichnet. Wie steht Ihre Partei zu dieser Bezeichnung? Kulturgüter sind immer auch förderbar, und so setzen sich die Branchenverbände GAME und BIU vermehrt für attraktivere Steuermodelle oder Förderkonzepte für Spieleentwickler ein. Befürwortet Ihre Partei diese Initiativen? Planen Sie einen Ausbau der Games-Förderungen?
- Es ist richtig, dass Games mittlerweile als Kulturgut anerkannt sind. Dennoch ist dadurch nicht automatisch jedes Game förderwürdig. Computerspiele sollten grundsätzlich ebenso gefördert werden können wie Filme oder andere audiovisuelle Medien. Wie im Rahmen der Kulturförderung – und auch bei der Filmförderung – üblich, müssen dabei allerdings qualitative Kriterien ausschlaggebend sein.
- Jenseits der Kulturförderung kommen Unternehmen, die Games entwickeln, grundsätzlich für eine Wirtschaftsförderung in Frage. Wir wollen die Situation von Kleinstunternehmen verstärkt ins Blickfeld nehmen und uns vor allem dafür einsetzen, dass die Kreditvergabe erleichtert wird. Eine wiederkehrende Schwierigkeit für Produzentinnen und Produzenten sind die Anfangsinvestitionen bei einer Produktion. Deshalb befürworten wir die Einrichtung von Branchenfonds, in deren Rahmen sich Unternehmen einer Branche gegenseitig unterstützen können.
- Einer steuerlichen Bevorzugung einzelner Branchen stehen wir kritisch gegenüber. Dies gilt zumal bei einer wirtschaftlich erfolgreichen Branche. Hingegen sind aus unserer Sicht öffentliche Venture-Capital-Fonds wie der Hightech-Gründerfonds eine wichtige Finanzierungsquelle für innovative Unternehmen. Daneben ist ein privater VC-Markt mit Investoren erforderlich.
- Startups und junge Unternehmen brauchen drei Dinge, um erfolgreich zu sein und schnell zu wachsen: Fachkräfte, Kapital und Büroflächen. Welche Hebel möchte Ihre Partei in Gang setzen, um hier passende – und vor allem auch international wettbewerbsfähige – Rahmenbedingungen für das Startup-Ökosystem in Deutschland zu schaffen?
- Unternehmerinnen und Unternehmer sind insbesondere in der Gründungsphase auf ein gründungsfreundliches Umfeld und preiswerte Büro- bzw. Gewerberäume angewiesen.
- Der Bund sollte in Kooperation mit den Ländern Gründungszentren und Coworking-Initiativen unterstützen. Zu den Rahmenbedingungen, die es Gründerinnen und Gründern ermöglichen, ihre Geschäftsmodelle auf- und auszubauen, zählen auch passende neue Förderprogramme – insbesondere für die Wachstumsphase. Auch nichttechnologiezentrierte Innovationen müssen aus unserer Sicht eine Chance auf Förderung bekommen. Zu den wichtigen Unterstützungsmaßnahmen gehört zudem eine steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.
- Wir wollen die Finanzierung und Förderung von Gründungen unterstützen, indem Förderkriterien entwickelt werden, die sich gezielt an gründungswillige Frauen richten. Ausgründungen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie deren Kooperation mit der Wirtschaft müssen stärker unterstützt werden. Darüber hinaus setzen wir uns für einen flächendeckenden Ausbau von Anlaufstellen („One-Stop-Shops“) für Gründungsberatung und -förderung ein. Wir wollen erreichen, dass spezielle Beratungen und Coaches für Migrantinnen und Migranten angeboten werden und die Berufsorientierung in den Schulen mit ihren Bestandteilen Potenzialanalyse und Betriebspraktikum gemeinsam mit den Ländern zu einem flächendeckenden Angebot ausgebaut wird.
- Ob Infrastruktur, Wirtschaft, Bildung, Sicherheit oder Arbeit – die fortschreitende Digitalisierung stellt Gesellschaft und Politik vor Herausforderungen auf allen Gebieten. Bisher verteilen sich Fragen des Digitalen auf vier Ressorts. Wie steht Ihre Partei zu Rufen nach einem eigenständigen Digitalministerium?
- Wir sind dafür, die netzpolitischen Themen stärker zu bündeln. Der Bundestagsausschuss Digitale Agenda muss für netz- und digitalpolitische Themen die Federführung erhalten. Auch in der Bundesregierung muss das Theme besser koordiniert werden und im Kabinett eigenständig vertreten sein. Die drei federführenden Ministerien haben sich in der Vergangenheit allzu oft in Kompetenzstreitigkeiten verwickelt und nicht immer am selben Strang gezogen. Worauf es ankommt ist, dass die unterschiedlichen und teils gegenläufigen Interessen in allen Bereichen der Digitalpolitik anerkannt und in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden. So gibt es beispielsweise in Polen ein Ministerium für digitale Angelegenheiten, das neben dem Ausbau der Breitband-Infrastruktur und der Förderung von Internetinhalten und e-Services auch die Förderung der digitalen Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger zu seinen Aufgaben zählt. Gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Ansätze, die den Zugang zum Internet und zur digitalen Wirtschaft fördern, werden gleichermaßen verfolgt. Das scheint uns ein interessanter Ansatz zu sein. Aus unserer Sicht muss dafür aber nicht zwingend ein eigenes Ministerium eingerichtet werden. Denkbar wäre beispielsweise auch eine zuständige Staatssekretärin oder ein Staatssekretär im Bundeskanzleramt.