- Herr Nöll, was ist das Besondere an der Berliner Startup Szene im deutschlandweiten Vergleich? Wo zeigt der Startup Monitor überraschende Ergebnisse?
- Berliner Startups weisen im Vergleich mit Startups aus anderen Städte einige Besonderheiten auf. Beispielsweise haben fast die Hälfte der Mitarbeiter von Berliner Startups keinen deutschen Pass, im Bundesschnitt sind es hingegen „nur“ knapp 30 Prozent. Auch die Gründer selbst haben in Berlin mit 86 Prozent deutlich seltener einen deutschen Pass als im Rest der Republik mit 92 Prozent. Berlin ist bei internationalen Gründern und Fachkräften sehr beliebt. Auch bei Finanzierungsfragen unterscheiden sich Berliner Startups von anderen: Über 33 Prozent der Berliner Startups sind VC-finanziert. Der gesamtdeutsche Durchschnitt liegt hier bei nur 16 Prozent. Zudem sind Berliner Startups mit im Schnitt 27 Mitarbeitern weitaus größer als Startups aus anderen Städten. Ein deutsches Startup beschäftigt im Schnitt 11 Mitarbeiter, jeweils exklusive der Gründer. All diese Unterschiede zwischen Berliner und anderen Startups legen den Schluss nahe, dass das Berliner Startup-Ökosystem in vielen Bereichen etwas erwachsener ist als in den üblichen Regionen.
- Unternehmerisches Denken/Handeln in Schulen, Hochschulen, Bildungseinrichtungen: Mangelhaft, Durchgefallen! Diese Note vergeben die befragten Startups just jenen Bildungsstätten in Deutschland, die die Fachkräfte von morgen ausbilden. Was genau ist für Sie „unternehmerisches Handeln und Denken“? Was muss sich ändern?
- Viel zu wenig Schüler und Studenten denken ernsthaft darüber nach ein eigenes Unternehmen zu gründen. Ein paar Vorschläge, wie man das ändern könnte: Eine offene Einstellung zum Unternehmertum muss bei jungen Menschen schon durch Entrepreneurship Education in Schule und Hochschule sowie in der beruflichen Bildung gefördert werden. Unternehmerisches Lernen muss flächendeckend in den Lehrplänen der Schulen sowie in den Studienordnungen der Hochschulen verankert werden. Entrepreneurship soll als Fach über die BWL hinaus auch in anderen Studiengängen als fester Bestandteil integriert werden, insbesondere in den MINT-Fächern und Geisteswissenschaften. Hochschulen sollen ihren Studenten ausdrücklich die Möglichkeit einräumen, für Gründungsaktivitäten Urlaubssemester zu nehmen und als Pflichtpraktikum oder absolviertes Fach anrechnen zu lassen. Darüber hinaus muss in unseren Schulen eine Infrastruktur geschaffen werden, die es Schülern ermöglicht, sich auf die Zukunft vorbereiten und sich neuen Technologien und Medien gegenüber zu öffnen. Eine zeitgemäße IT-Ausstattung und Lehrer, die ihren Schülern den Umgang damit erklären können, sind dabei ein Muss.Dass unternehmerische Inhalte bereits in Schulen wirken zeigt folgende Statistik: Zwischen 15 % und 20 % der Schülerinnen und Schüler, die in der Sekundarschule an einem Schülerfirmenprojekt teilnehmen, gründen später ihr eigenes Unternehmen. Dieser Anteil ist drei bis fünf Mal höher als in der Gesamtbevölkerung
- Welche Bedeutung haben Netzwerke und Cluster, wie beispielsweise das media:net oder der neue MediaTech Hub Potsdam als einer von 12 deutschlandweiten Digital Hubs des BMWI, für die befragten Startup Unternehmen? Welche Erwartungen werden an regionale Cluster gestellt?
- In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal verschiedene Fragen zum Themenkomplex Cluster gestellt. Es zeigt sich, dass Cluster eine große Rolle spielen, wenn es um die richtigen Rahmenbedingungen für ein gutes Startup-Ökosystem geht. Die Tatsache, dass der Mehrwert dieser Cluster mit fast 60 % als hoch beurteilt wird, unterstreicht die Wichtigkeit dieser lokalen Netzwerke. Startups erhoffen sich von diesen Clustern in erster Linie Wissenstransfer und Informationsaustausch, sowie Kooperationen bspw. in der Produktentwicklung und eine erhöhte Aufmerksamkeit für das eigene Startup. In dieser Hinsicht sind bestehende Netzwerke wie media:net sicher gute Beispiele wie Vernetzung einen echten Mehrwert generieren kann. Die Digital Hub Initiative der Bundesregierung läuft erst seit kurzer Zeit, wir werden bald sehen welchen Impact diese Initiative auf die lokalen Ökosysteme erzeugen wird.
Hier geht es zum Deutschen Startup Monitor 2017.
Datum: 18.10.2017