Ein media:net Spotlight. Der Artikel erschien erstmals im Juni 2017 bei Media Planet.
Vielleicht wird „Lonely Mountains: Downhill“ das erfolgreichste Computerspiel, das Daniel Helbig, 31, gemacht hat. Das Spiel ist zwar erst halbfertig, aber die Presse lobt schon jetzt das puristische Setting und die Hochglanz-Retro-Grafik des Mountainbike-Games. Das könnte, nach zehn Jahren, den Durchbruch für Helbig und das Team von Megagon Industries bedeuten. Der Weg dahin war alles andere als geradlinig – und damit typisch für eine dynamische Industrie, die sich stets neu erfinden muss.
Auch für Arbeitnehmer ist die Gamesbranche umkämpft. Die Umsätze wachsen, aber 2016 sank laut Industrie-Verband BIU die Zahl der Beschäftigten auf 11.000. Gleichzeitig gibt es immer mehr Absolventen von Hochschulen und privaten Akademien, dazu Quereinsteiger und Autodidakten. Denn in der Gamesbranche zu arbeiten, ist für viele junge Menschen ein Traum, auch wenn die Bezahlung nicht vergleichbar mit Industriezweigen wie der Automobilbranche ist, wo auch 3D-Spezialisten und Projektmanager benötigt werden.
Allerdings: „Games sind mittlerweile eine ernstzunehmende Freizeitgröße für alle Altersgruppen. Und ihr Einsatz zu Lern- oder Marketingzwecken ist stark gestiegen, man denke nur an den Trend Serious Games oder gebrandete Game-Apps, die Unternehmen ihren Kunden und potentiellen Kunden anbieten, um die Markenbindung zu erhöhen.“ so Andrea Peters, die mit der Initiative games:net berlinbrandenburg branchenübergreifend die Unternehmen vernetzten möchte und in Zusammenarbeit mit den Gamesunternehmen auch den Nachwuchs konkret anspricht. Dafür hat die Initiative zum Beispiel den jährlichen „Industry Day“ etabliert, bei dem die Gamesstudios ihr Unternehmen vor Studenten pitchen, um neuen Mitarbeiter zu gewinnen.
Game Designer Daniel Helbig hat als 16-jähriger hobbymäßig neue Levels und Spielfiguren für den Shooter „Unreal Tournament“ entworfen. Richtig gelernt hat er an der Games Academy, einer privaten Schule in Berlin, die das klare Ziel ausgibt, ihre Absolventen in die Gamesbranche zu vermitteln. „Private Schulen sind gut, wenn du in Deutschland direkt arbeiten möchtest“, sagt Helbig. „Du lernst das Handwerk und machst Connections.“ Weitere Anbieter heißen SAE Institute oder School for Games. Die Ausbildung ist auf vier Semester ausgelegt und kostet monatliche Gebühren.
„Freier und experimenteller sind die staatlichen Hochschulen, da bekommt man den künstlerischen Wert von Games vermittelt“, so Helbig. Tatsächlich gibt es inzwischen auch Bachelor- und Master-Studiengänge an staatlichen Hochschulen, etwa der HTW Berlin oder der TH Köln. Der Informatik-Fachbereich der Hochschule Trier bietet die „Vertiefungsrichtung: Spiele“ an. Dazu kommen private Akademien wie die mAHS Akademie Stuttgart, die mit einer Regelstudienzeit von sechs Semestern und einem Bachelor-Abschluss wirbt.
Es gibt viele Berufsbilder und ebenso viele Wege in die Branche, und wie im Mountain-Bike-Spiel gibt es immer neue Abzweigungen. Anbieter aufwändiger Mobile Games wie Wooga brauchen neben Game Designern auch Marketing-Spezialisten und Community-Manager. Auch als Sprachwissenschaftler sollte man sich die Branche genauer ansehen, Quereinsteiger sind ebenso gefragt. Toningenieure arbeiten für Firmen wie Altagram, die Spielen eine deutsche Synchronisation verpassen. Und gute Programmierer sind sowieso überall gefragt.
Datum: 06.2017