Q wie Quote mit Christoph Augenstein, Produktions- und Betriebsdirektor des rbb

Begriff „Quote“: Erläutern Sie uns doch bitte diesen Begriff. Was hat er mit Ihrem Unternehmen zu tun?

Der Begriff „Quote“ wird gerne in einem Atemzug mit dem Begriff „Qualität“ genannt. Und geht es um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dann stellen Kritiker „Qualität“ und „Quote“ gerne als Erbfeinde dar. Ganz offenbar gönnt man Qualität keinen breiten Erfolg, keine hohe Akzeptanz, keine Mehrheitsfähigkeit. Da ja nur eine kleine Schar Wissender echte Qualität erkennen kann, kann selbige ja nie zu breiter Zustimmung gelangen. Nicht nur „Polizeiruf 110“ und „Tatort“ strafen jeden Sonntag um 20:15 Uhr diese These der Lüge, sondern auch erfolgreiche rbb-Programmmarken wie die „Abendschau“ oder „Brandenburg aktuell“, welche beide in Zeiten der Corona-Krise Rekord-Quoten hatten.

Quote meint per Definition nicht mehr und nicht weniger als den Anteil an einer Menge. Und wenn es sich bei dieser „Menge“ um Publikum handelt, sollte eine hohe Quote zu Recht Freude bei allen Beteiligten auslösen. Aber wie lange ist die „Quote“ (durch Qualität) im linearen Programm – ob Fernsehen oder Hörfunk – überhaupt noch so etwas wie die Leitwährung medialen Erfolgs? Durch die digitale Transformation von Medieninhalten rücken andere Maßzahlen immer mehr in den Vordergrund: Klicks, Follower, Likes und Hashtags spiegeln das Interesse und die Meinung eines miteinander kommunizierenden Publikums (stimmt der Begriff dann überhaupt noch?) wider. Dieser Wandel ist Herausforderung und Chance zugleich. Herausforderung, weil es gilt, auch in den neuen non-linearen Medienwelt anerkannte Vergleichbarkeiten herzustellen; Chance, weil wir uns vom Fetisch der Akzeptanz linearer Angebote auch etwas emanzipieren können.

Aber auch abseits des Programms werden Entwicklungen und Veränderungen in Quoten gemessen. Beispielhaft dafür ist etwa die Quote von Frauen in Führungspositionen. Eine wichtige Quote, weil sie an vielen Stellen noch viel zu gering ist und dadurch einen fortwährenden Handlungsbedarf aufzeigt. Dass wir im rbb das 50:50 der Geschlechter in Führungspositionen erreicht haben, ist ein Grund zur Freude, aber nicht zum Ausruhen. Denn Diversität meint mehr als Chromosomenabgleich. Deshalb widmen wir uns der Vielfalt in jeder Form und Ausprägung im rbb mit System und Leidenschaft. Quoten können dabei helfen.

Stellen Sie sich und Ihr Unternehmen in einem Satz vor.

Christoph Augenstein:

Produktions- und Betriebsdirektor des rbb würde man heute wohl mit CTO übersetzen. Die Aufgabe dahinter ist identisch: Welche IT- und Produktionsprozesse braucht ein zeitgemäßes Programm?

RBB:

Der rbb ist die öffentlich-rechtliche Medienanstalt für Berlin und Brandenburg und erfüllt – wie alle anderen Landesrundfunkanstalten im Verbund der ARD – den im Grundgesetz verankerten Auftrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, der Meinungsvielfalt und natürlich auch zur Unterhaltung des Publikums. Das klingt zwar ziemlich trocken, ist aber für eine vitale und funktionierende Demokratie enorm wichtig. Das zeigen einem jeden Tag aufs Neue all die europäischen Nachbarländer, welche das Projekt eines staatsfernen und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem Machtstreben Einzelner geopfert haben.

Wie kommt Ihr Unternehmen derzeit durch die Coronakrise? Was ist die größte Herausforderung?

Diese Pandemie löste eine Digitalisierung im Zeitraffer aus. Wie viele andere stand auch der rbb vor der Herausforderung, hunderte Kolleginnen und Kollegen zügig im mobilen Büro quasi über Nacht arbeitsfähig zu machen. Inzwischen ist das ganze Haus in Office365 unterwegs und Videoschalten sind fast so selbstverständlich geworden wie früher einmal Heftklammern. Ganze Radiosendungen werden ohne technische Abstriche von Zuhause aus moderiert, Cutter schneiden remote in den eigenen vier Wänden. Und das Wichtigste – warum wir das alles tun: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind maximal gesundheitlich geschützt. Trotz aller Sehnsucht nach kreativer Nähe heißt das Fazit also: Ja, es funktioniert! Und unsere Akzeptanz (siehe oben unter „Quote“) beim Publikum ist während der Pandemie auf allen Ausspielwegen gestiegen. Wir haben in diesen merkwürdigen sieben Monaten – trotz all der negativen Seiten –  sehr viel gelernt und überdenken die Art und Weise, wie wir künftig zusammen arbeiten wollen.

Haben Sie einen Entertainment-Tipp für Zuhause?

Das ist eine Falle! Da müsste ich so viel aufzählen und würde dennoch etwas vergessen. Der rbb hat während der Corona Pandemie so viele tolle Produktionen hervorgebracht – insbesondere unter dem Slogan „der rbb macht…“ mit virtuellen Museumsrundgängen, Konzertübertragungen, Autokino etc. Beim  „Warten auf’n Bus“ würde ich ganz persönlich aber am liebsten neben Kurt Kroemer stehen und mich mit ihm über die „Schicksalsjahre seiner Stadt“ austauschen, die manche ja auch einfach „Babylon Berlin“ nennen.


R wie Reichweite mit Rainer Poelmann, Geschäftsführer von REGIOCAST

Begriff Reichweite: Erläutern Sie uns doch bitte diesen Begriff. Was hat er mit Ihrem Unternehmen zu tun? 

Als privates Radiounternehmen ist die Vermarktung unserer Produkte essentiell und somit auch die Reichweite dieser. Wir refinanzieren uns annähernd vollständig durch Werbung. Die Reichweite zeigt uns, wie viele Personen oder Kontakte unsere Radio- bzw. Audioprogramme und Podcasts erreicht haben. Dabei bezeichnen wir die Anzahl der Kontakte als Brutto-Reichweite, die erreichten einzelnen Personen als Netto-Reichweite. Die Reichweite ist die Grundlage unserer Wirtschaftlichkeit, da sich mit diesem Wert unsere Produkte als Werbeträger bewerten lassen. Nur mit einer gewissen Reichweitengröße macht das Ausspielen von Werbung für unsere Kunden Sinn.

Stellen Sie sich und Ihr Unternehmen jeweils in einem Satz vor.

Die REGIOCAST GmbH & Co. KG ist ein deutschlandweit agierendes Radiounternehmen, das zahlreiche analoge und digitale Audiomarken operativ führt sowie rund zwei Dutzend Sender- und Unternehmensbeteiligungen hält – Radiosender, Hörfunkvermarkter und weitere Dienstleistungsunternehmen aus dem Medienbereich.

Ich bin seit Gründung der REGIOCAST Geschäftsführer des Unternehmens und habe das große Glück, das beste Team, dass die Audiowelt in Deutschland zu bieten hat, in einem Unternehmen zu vereinen – welches seit mehr als 30 Jahren Taktgeber und Innovationstreiber in seinen jeweiligen Radiomärkten ist.

Wie kommt Ihr Unternehmen derzeit durch die Coronakrise? Was ist die größte Herausforderung?

Wir haben Monate mit immensen Herausforderungen hinter uns. Diese haben wir gut gemeistert und bewegen uns aktuell besser durch die Coronakrise, als noch im Frühjahr befürchtet. Dies ist nur mit der herausragenden und leidenschaftlichen Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich. Dennoch ist die Umsatzlage als privates Medienunternehmen derzeit dramatisch schlechter als zu Jahresbeginn erwartet. Jede Investition, egal ob im Rahmen von Personaleinstellungen oder Produktentwicklungen, muss akribisch ausjustiert werden. Als innovatives Audiounternehmen ist eine derart kurzfristige Planungssituation in allen Geschäftsbereichen schädlich. Die im Fokus stehende Unternehmensentwicklung wird durch diese planungsspezifischen Sicherheitsmaßnahmen gehemmt. Durch unsichere Zukunftsaussichten unternehmerisch nur „auf Sicht“ zu fahren, ist sowohl wirtschaftlich als auch im Rahmen unserer Unternehmensvision ein Rückschlag. Es gilt unter allen Umständen, diesen Zustand schnellstmöglich wieder zum Positiven zu verändern.

Haben Sie einen Entertainment-Tipp für Zuhause?

Wir sitzen quasi an der Quelle für die perfekte Unterhaltung Zuhause und auch für unterwegs. Egal ob als musikalische Untermalung im Home-Office, witziges Entertainment für die ganze Familie oder wissenswerte Informationen zu unzähligen Lebens- und Interessensbereichen – unsere Radiosender, Radio-Apps, Personality-Formate mit Barbara Schöneberger, Peter Maffay und Oli P. sowie unsere Podcasts bieten das perfekte Unterhaltungspaket für eine abwechslungsreiche Zeit – auch und insbesondere in den eigenen vier Wänden.

16.10.2020