- Paul, was ist die GENRENALE und was zeigt ihr in diesem Jahr?
- Die GENRENALE ist das Festival des deutschen Genrefilms. Wir sind das erste und einzige Filmfestival und aktive Forum, das sich ausschließlich dem deutschen Genrefilm verschrieben hat. Uns geht es hierbei weniger darum, nicht noch ein weiteres Festival in Berlin aufzumachen, sondern ein aktives Sichtbarmachen einer Farbe im deutschen Film zu ermöglichen, die leider mehr und mehr verloren gegangen ist und überhaupt nicht gepflegt wird. Während überall auf der Welt Genrefilme ein popkultureller Bestandteil der Film- und Unterhaltungsindustrie darstellen, werden Filme in Deutschland, die sich dem Phantastischen bedienen, schnell als minderwertig und schäbig wahrgenommen und abgestempelt. Stattdessen wird bei uns ein sehr realitätsnahes Bewusstsein im Film gepflegt. Wir haben vor sechs Jahren damit begonnen, dieser fehlenden Facette des deutschen Films eine ehrliche und leidenschaftliche Plattform zu geben und wollen durch unsere ehrenamtliche Arbeit einen Nährboden für eine deutsche Genrekultur schaffen und ein Bewusstsein dafür, wie der deutsche Film noch aussehen kann und dringend auch aussehen sollte.
- In diesem sechsten Jahr zeigen wir knapp 50 Filme in 12 Filmblöcken, 5 Langfilme – von „Der letzte Mieter“ bis „Endzeit“ und dem erfolgreichsten luxemburgischen Film aller Zeiten, der Superhelden-Verfilmung „Superchamp Returns“ – und jede Menge unterschiedlicher Kurzfilme, von Science-Fiction über Action, Fantasy, Thriller, Dark Drama bis Horror. Wir werden auch wieder eine offene Pitching-Veranstaltung sowie eine offene Podiumsdiskussion zu den NEUEN DEUTSCHEN GENREHELDINNEN haben, in dem wir mit jungen Regisseurinnen und Autorinnen über den deutschen Genrefilm reden werden.
- Du hast die GENRENALE gemeinsam mit Krystof Zlatnik vor sechs Jahren gegründet. Gab es da einen Magic Moment?
- Oh, es gibt jedes Jahr sehr magische Momente. Wenn man nach Monaten nächtlicher, unbezahlter aber trotzdem sehr leidenschaftlichen Arbeit sieht, dass Filmemacher und Zuschauer die Idee und den Ansatz unseres Festivals wertschätzen und uns die Bude einrennen, man vor ausverkauftem Hause steht und jedes Mal eine Träne im Auge hat. Die Arbeit an der GENRENALE ist eine Tour de Force, weil das Bewusstsein für das Thema vorhanden ist und stetig wächst, aber sich niemand mal “richtig die Hände schmutzig machen will“. Und dann stehen plötzlich Filmemacher vor einem und erzählen, dass sie ihren Film exklusiv für die GENRENALE gemacht haben, weil es der einzige Ort in Deutschland ist, wo deutsche Genrefilme wertgeschätzt werden und nicht nur ein Science-Fiction-Film neben einem Vater-Sohn-Drama ist, wie es auf vielen anderen Festivals der Fall ist. Wir scheinen in ein Wespennest gestochen zu haben, als wir damit angetreten sind, einen Ort für Leute zu schaffen, die keine Lust auf Festivals und Etiquette haben, mit allen Shuttle-Services und VIP-Lounges. Das kommt auch daher, weil wir selber auf unzähligen Festivals mit unseren Genrefilmen unterwegs waren und selber immer komisch dafür angeguckt wurden, weil wir Science-Fiction oder Horrorfilme gemacht haben. Unsere Mission ist es, die Kritiker zu überzeugen. Und das können wir nur, wenn die Filme herausragend sind auf ihrem Level, auf dem sie entstanden sind. Da hilft es nicht, wenn ein Film nicht überzeugt, aber bekannte Gesichter darin mitspielen. Ich kann jedes Jahr nicht fassen, wie groß und bekannt die GENRENALE geworden ist, auf der anderen Seite aber aus finanzieller Sicht weiterhin auf einem Level ausharrt, das es eigentlich unmöglich macht, eine solche Sache aufzuziehen. Aber Krys und ich haben so viel Spaß daran und bekommen so viel Dankbarkeit entgegen, dass es wie ein Sucht ist, diese Magic Moments auf dem Festival wieder und wieder auszukosten und dieses Forum stetig weiter zu treiben.
- Einige Insider kennen euch als kleine, feine Alternative zur großen Berlinale. Bisher gab es euch parallel. Jetzt seid ihr vom Februar in den Mai gezogen. Welche Änderungen gibt es noch und was ist eure langfristige Vision?
- Wir haben aus gutem Grund während der Berlinale angefangen, weil wir ein Gegenprogramm schaffen wollten und die Berlinale kein Interesse an unseren Abschlussfilmen damals 2013 hatte. Dann haben wir eben unser eigenes Screening organisiert. Plötzlich schickten uns Leute ihre Filme ein und ein Festival war etwas unfreiwillig geboren. Der Zeitraum der Berlinale war aber auch Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite waren alle da und die, die keine Karten bekommen haben oder satt waren vom Programm des großen Festivals, sind zu uns gekommen und waren überrascht, was die wilden jungen Filmemacher so treiben und was da für ein Betrieb und eine Leidenschaft herrscht. 4000 Besucher an 4 Tagen während der Berlinale Zeit war schon echt eine riesige Überraschung. Aber man geht während dieser Zeit auch förmlich unter, sowohl in der Presse als auch in der Zusammenarbeit mit Dienstleistern, Partnern und Finanziers. Und vor allem wollte sich keiner die Hände schmutzig machen, wenn man plötzlich die GENRENALE unterstützt. Hinzu kam noch, dass meine Tochter genau in der Zeit Geburtstag hat und somit der Februar für mich immer mehr zum anstrengendsten Monat des Jahres wurde und das mit jedem Jahr auch nicht weniger werden wird.
- Also haben wir uns umgeschaut nach alternativen Terminen, zu denen auch das normale Publikum mal für ein Wochenende anreisen kann. Und da bot sich das Filmpreis-Wochenende perfekt für an, weil trotzdem die gesamte Filmbranche in der Stadt ist und das Wetter im Gegenzug zum Februar dazu einlädt, auch mal ohne dicke Jacken bei uns vorbei zu kommen. Langfristig sehe ich für die GENRENALE ein enormes Potenzial darin, das Bewusstsein für das Thema auch durch weitere Events und Dienste zu erweitern, sowohl national, vor allem aber auch international. Herausforderung wird hier aber sein, das finanziell zu stemmen. Bisher haben Krys und ich alleine am Wochenende und den Nächten Hand angelegt, aber das können wir so nicht weiter machen, vor allem mit hauptberuflicher Arbeit und Familie. Wir brauchen mehr Leute um uns herum, die genauso eine Leidenschaft für das Thema verspüren wie wir und einfach mal Dinge etwas anders machen wollen und die GENRENALE selber mit gestalten wollen. Und dann kommt auch bald die Frage nach einer solideren Finanzierung auf, um auch weitere Events und Strategien zu verfolgen. Es sollte nun also darum gehen, nach sechs Jahren die nächste Stufe zu erklimmen und vom genannten Insider-Status zur bekannten Marke aufzusteigen und durch kluge Ideen, herausragende Filme, unserem immer vorhandenen Augenzwinkern und dem Zusammenhalt der Filmemacher zu punkten, damit aus der Idee einer gemeinsamen filmischen Bewegung auch langfristig eine Welle wird und der deutsche Genrefilm genauso selbstverständlich ist, wie der Krimiabend im ZDF.
Zum Programm der GENRENALE vom 2. – 5. Mai im UCI Colosseum und Ticketverkauf geht es hier lang.
April 2019