- Liebe Andrea, als Netzwerk, bei dem über 430 Berliner und Brandenburger Unternehmen aus der Medien-, Games-, Tech- und Digitalwirtschaft Mitglied sind – welche Branchen hat die Coronakrise besonders getroffen? Könnten gar Branchenzweige gestärkt aus der Zeit hervorgehen?
- Ich denke in erster Linie an die Filmbranche, wenn es darum geht zu beurteilen, welche Branche es besonders hart getroffen hat. Die Kinos sind wochenlang geschlossen, Dreharbeiten gestoppt. Bei einem Großteil unserer Mitglieder aus diesem Segment – seien es Verleiher, Produktionsfirmen oder Dienstleisteragenturen – kann an aktuellen Projekten derzeit kaum gearbeitet werden. Viele haben staatliche Hilfe in Anspruch genommen. Hier haben jetzt natürlich Streaming-Dienste einen guten Konsumentenzuspruch und verzeichnen wachsende Abonnentenzahlen. Einige große Verleiher haben ja auch eine Auswahl an Filmen, die gerade erst gestartet waren oder starten sollten, zum Streaming zur Verfügung gestellt. Eine gute Entscheidung, denn so sind auch in der jetzigen Zeit Einnahmen gewiss. Wir alle hoffen aber auf eine baldige Rückkehr zur Normalität.
- Vergleichsweise glimpflich sieht es in der Gaming-Branche aus. Da wir auf Grund der Kontaktbeschränkungen möglichst viel Zeit zu Hause verbringen sollen, nutzen viele diese „neue Freizeit“ zum Spielen. Dadurch, dass Schulen lange geschlossen sind, gibt es auch eine große Nachfrage nach Spielen mit pädagogischen Ansätzen. Hier liegt eine Menge Potenzial. Wir hatten dazu gerade erst ein Interview mit Cigdem Uzunoglu von der Stiftung Digitale Spielekultur, die sich damit intensiv befassen.
- Wie geht man als Netzwerk mit dieser herausfordernden Zeit um? Was hat sich in Euren Abläufen und bei Euren Services verändert? Ihr hattet doch bestimmt große Planungen für dieses Jahr.
- Oh ja, die hatten wir in der Tat. Unsere sehr beliebten Formate während der Berlinale, der Produzentenbrunch und der Film & Finance Lunch, haben gerade noch stattgefunden, kurz danach traten die Kontaktbeschränkungen in Kraft. Wir befanden uns bereits in den Planungen für die OMR und die gamescom und natürlich auch zu vielen weiteren kleineren und größeren Face-to-Face-Events. Wir haben es mit einer großen Kraftanstrengung geschafft, in kürzester Zeit mehrere neue Event-Formate zu entwickeln, die nun online stattfinden. Dazu zählt z.B. unsere Interview-Reihe „media:net@HOME Fireside Chat“, bei dem ein Gast zu einem branchenspezifischen und brandaktuellen Thema interviewt wird. Unsere Auftaktveranstaltung mit Dorian Gorr von Veritas Entertainment, der das Berliner Esport-Center LVL vorgestellt hat, war mit 4.000 gleichzeitig zuschauenden Teilnehmern bei Twitch ein voller Erfolg. Diese Woche war Seneit Debese von Greta & Starks Apps zu Gast, die zu innovativen Pay-per-View-Lösungen für Sprachfassungen befragt wurde, die Produzenten, Verleihern und Kinobetrieben sowie TV-Sendern und Streamingdiensten lokal und global ein deutliches Wachstum generieren. Zwei weitere Interviews sind in Planung. Außerdem ist unser Digital Lunch neu, bei dem wir Mitglieder zu zweit zu einem digitalen Mittagessen miteinander verbinden und sich austauschen lassen. Eine Slack-Gruppe für Geschäftsführer*innen und Unternehmensverantwortliche aus den Bereichen HR, Marketing und PR durfte natürlich auch nicht fehlen. Weit über 200 Personen haben sind hier schon am Start. Und zu guter Letzt launchen wir zeitnah unsere Podcast-Reihe, bei der wir spannenden Branchenköpfe und Unternehmensgeschichten in den Fokus stellen.
- Mein Dank geht daher an das gesamte media:net-Team, aber auch an all unsere Mitglieder, die die neuen Formate so hervorragend annehmen, sowie unsere Sponsoren und Förderer. Und eines ist jetzt schon klar: Auch, wenn wir uns sehr darüber freuen werden, unsere Mitglieder auf unseren Events wieder persönlich zu treffen und netzwerken zu lassen, so wissen wir jetzt schon, dass wir viele dieser neuen Online-Formate weiterführen wollen.
- Weshalb ist es für Unternehmen gerade in der jetzigen Zeit so wichtig, von den Vorteilen eines großen Netzwerkes profitieren zu können? Hast Du einen Rat an Eure Mitglieder?
- Mein Rat ist auf alle Fälle, auf sämtliche verfügbaren staatlichen Unterstützungen zurückzugreifen. Diese werden erfreulich schnell und verhältnismäßig unbürokratisch ausgezahlt. Wir bieten zu diesem Thema immer wieder Webinare an und veröffentlichen dazu regelmäßig hilfreiche Interviews mit unseren Kanzleien. Auch ein Blick auf die extra eingerichtete Rubrik auf unserer Website lohnt sich, denn hier fassen wir fortlaufend alles Wichtige zu staatlichen Hilfen und Angeboten unserer Mitglieder für unsere Mitglieder zusammen: https://www.medianet-bb.de/de/informationen-zur-corona-lage-fuer-unternehmen/. Dies beantwortet auch die andere Frage, denn gerade solche Angebote, die unsere Unternehmen füreinander kreieren, zeigen die ganze Power eines Netzwerkes. Darüber hinaus ist es wichtig, einen Anlaufpunkt zu haben für alle jetzt anstehenden Fragen und Probleme. Wir verknüpfen die Firmen mit entsprechenden Stellen aus der Wirtschaft und Politik oder untereinander. Wir bieten Services und Formate, die auf die jetzigen Herausforderungen abgestimmt sind. Für unsere Mitglieder sind wir immer da – in guten wie in beunruhigenden Zeiten.
- Wie lautet Dein Tipp fürs Home Office?
- Um ehrlich zu sein, ich bin gar nicht so viel im Home Office, sondern verbringe den Tag im Büro. Was aber auf jeden Fall unglaublich wichtig ist, sind Pausen und Spaziergänge an der frischen Luft. Das gibt einem ein gutes Gefühl von Freiheit.
April 2020