Jeannine Koch erkennt positive Aspekte in den Studienergebnissen, aber auch Potenziale: „Es ist erfreulich zu sehen, dass der Geschäftsklimaindex und die Geschäftserwartung für die kommenden 12 Monate, trotz der anhaltenden Herausforderungen durch multiple Krisen, gestiegen sind. Allerdings, mit Blick auf unser diesjähriges Thema, fällt auf: Nur für 54 % der befragten Unternehmer*innen nimmt Nachhaltigkeit aktuell einen hohen Stellenwert ein. Dies bedeutet, bei fast der Hälfte der Befragten spielt Nachhaltigkeit bisher nur eine untergeordnete Rolle. Zudem sind die neuen Corporate Social Responsibilty Directive-Richtlinien (CSRD) einem Drittel der Befragten noch gar nicht bekannt. Auch, wenn an vielen Stellen schon Nachhaltigkeit gelebt wird und zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden, so zeigt sich, dass es einiges an Potenzial und Handlungsbedarf gibt. Laut Studie bestehen die meisten Hürden bei den entstehenden hohen Kosten, beim bürokratischen Aufwand und bei den personellen Ressourcen. Hier muss dringend nachgebessert werden. Eine stärkere Informationskampagne, auch hinsichtlich potentieller Förderungen für Unternehmer*innen, und Unterstützung seitens der Politik würde hier zu mehr Sichtbarkeit und Erfolgen führen.“
Helge Jürgens bezeichnet den aktuellen Zustand und die Gesamtentwicklung in den Branchen als erfreulich: „Die Medienbranche der Capital Region ist weiter im Aufschwung! Das wird im aktuellen Geschäftsklimaindex deutlich, und das merken wir auch an unseren steigenden Antragszahlen. Erstmalig sind 2023 Games, XR und innovatives Storytelling mit einer zweistelligen Millionensumme von 12,3 Mio. Euro im New-Media-Bereich gefördert worden. Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema für uns. Seit vergangenem Jahr gelten bundesweit einheitliche ökologische Standards für die audiovisuelle Produktion. Daneben fördert MBB nachhaltige Projekte und Veranstaltungen. Im Bereich Games ermöglichen wir die Abrechnung von Kosten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsstandards.“
Kernaussagen aus den Umfrageergebnissen
Die folgenden Kernaussagen liefern einen mit Zahlen unterlegten Blick darauf, wie es zum Umfragezeitpunkt im Herbst 2023 um die Branchen stand.
- Während die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit 34,5 Punkten etwa auf Vorjahresniveau liegt (35,6), ist die Geschäftserwartung für die kommenden 12 Monate, trotz der Unsicherheiten durch Ukraine- und Nahost-Krieg, Energiekrise, Inflation u.a. von 18,1 Punkten im Vorjahr auf nun 24,1 Punkte gestiegen.
- Der Geschäftsklimaindex steigt von 126,5 im Vorjahr auf 129,2 Punkte leicht, liegt aber noch unter dem Niveau von vor der Pandemie (2019: 138,7 Punkte). Mit 41 % glauben deutlich mehr Befragte, dass sich ihr Geschäftsfeld in den nächsten12 Monaten zum Besseren entwickeln wird, als dass es sich schlechter entwickeln wird (25 %). Gut ein Drittel erwartet keine Veränderungen (34 %).
- In den vergangenen 12 Monaten haben 32 % der Unternehmen ihr Personal aufgestockt, bei 47 % blieb es unverändert und 20 % beschäftigen weniger Personal. 39 % planen für die kommenden 12 Monate zusätzliches Personaleinzustellen, während 25 % dies nicht planen.
- Nachhaltigkeit hat für über die Hälfte der Befragten einen hohen Stellenwert im Unternehmen (54 %), vor allem aufgrund der ökologischen und gesellschaftlichen Verantwortung (je 92 %). Die Mehrheit nimmt dabei auch Mehrkosten in Kauf (55 %) oder akzeptiert sie zumindest teilweise (28 %). Dennoch hat demnach Nachhaltigkeit für 46% der Unternehmen keinen hohen Stellenwert.
- Maßnahmen wie Mülltrennung (84 %), Mehrwegprodukte (75 %), stromsparende Leuchten und Geräte (75 %), der Verzicht auf innerdeutsche Flugreisen (71 %), Verminderung der Heiztemperatur im Winter (66 %), Nutzung erneuerbarer Energie (59 %) und ÖPNV-Tickets für Mitarbeitende (56 %) werden bereits mehrheitlich umgesetzt.
- Viele Unternehmen beklagen Hindernisse bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen wegen hoher Kosten(49 %), bürokratischer Hürden (44 %) und fehlender personeller Ressourcen im Unternehmen (42 %).
- Nur ein Viertel der Unternehmen hat eine Abteilung bzw. Fachkraft für Nachhaltigkeit eingeführt (25 %). Diese erfüllt verschiedene Aufgaben, wie z.B. die Konzeption und Durchführung von Nachhaltigkeitsprojekten (67 %) oder der Vermittlung von Nachhaltigkeitsanalysen an Vorgesetzte (52 %). Schulungen für Nachhaltigkeit werden von 23 % der Unternehmen angeboten.
- Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die am 1. Januar 2024 in Kraft trat, kennen rund drei Viertel der Unternehmen entweder gar nicht (34 %) oder lediglich namentlich (42 %). Derzeit sind zwar erst 9 % der befragten Unternehmen qua ihrer Größe berichtspflichtig, doch bereits 2026 werden auch viele kleinere Unternehmen direkt betroffen sein – und als Auftragnehmer von berichtspflichtigen Unternehmen können sie durch das Lieferkettengesetz schon jetzt verpflichtet sein, eine nachhaltige Unternehmensführung nachzuweisen. Hier gibt es ein Informationsdefizit.
- Ein Drittel der Unternehmen wünscht sich mehr (unbürokratische) Unterstützung von der Politik (34 %), insbesondere in den Bereichen Infrastruktur (32 %), Finanzierung (25 %) sowie in der Informationsbereitstellung (22 %).
- Die wichtigsten Themen für die kommenden 12 Monate sind für die befragten Unternehmen eine wirtschaftliche Stabilisierung (37 %), die Gewinnung von Fachkräften (36 %) sowie die Gewinnung von Kund*innen und die Steigerung des Umsatzes (34 %). Gleich danach folgen die Themen Nachhaltigkeit und Modernisierung (je 29 %).
Das vollständige medien.barometer 2023/24 mit allen Auswertungen, Statistiken und Vergleichen sowie alle Informationen zum aktuellen Geschäftsklimaindex findet ihr hier sowie rechts im Downloadbereich.
Zum Thema:
In naher Zukunft werden viele Unternehmen gesetzlich in die Pflicht genommen, Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu dokumentieren. So sieht es der Gesetzesentwurf CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) der EU-Kommission vor. Mit der Umfrage möchten wir gemeinsam mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg und der Investitionsbank Berlin herausfinden, wie die Unternehmen der verschiedenen Wirtschaftszweige in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz aktuell aufgestellt sind und ob soziale und ökologische Aspekte bei den Unternehmensentscheidungen bereits berücksichtigt werden. Zudem gilt es herauszustellen, inwiefern die Unternehmen diese Themen und die damit einhergehende Verantwortung als Teil des Geschäftserfolges bewerten und welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden. Außerdem soll herausgearbeitet werden, in welchen Bereichen noch Hürden bestehen.
Die Umfrage wurde im Herbst 2023 gestartet. 181 Unternehmen der benannten Branchen aus Berlin und Brandenburg haben sich beteiligt. Jetzt liegen die repräsentativen Ergebnisse vor.
Über das medien.barometer berlinbrandenburg
Seit 2004 hat sich das medien.barometer zum führenden Stimmungsbarometer der IKT-Branchen in Berlin-Brandenburg entwickelt. Maßgeschneiderte und nachhaltige Förder- und Rahmenbedingungen können von Seiten der Politik durch die pressewirksam veröffentlichten Auswertungsergebnisse kreiert und realisiert werden. Die Investitionsbank Berlin (IBB) unterstützt die aktuelle Befragung als Partner, das Medienboard Berlin-Brandenburg als Förderer. Technologischer Befragungspartner ist House of Research.
Über medianet berlinbrandenburg e.V.:
medianet berlinbrandenburg e.V. ist ein Netzwerk-Verein der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft mit rund 450 Mitgliedsunternehmen. Die sich daraus ergebenden 2.000 Multiplikator*innen bilden einen wichtigen Teil dieser Branchen ab. medianet gestaltet gemeinsam mit den Mitgliedern des Netzwerks, der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ein Miteinander auf Augenhöhe in der Metropolregion Berlin-Brandenburg und über die Landesgrenzen hinaus. Es stärkt die Standorte als Arbeitgeberregionen, ist Impulsgeber*in, Unterstützer*in, Macher*in und vernetzt Akteure interdisziplinär auf dem gemeinsamen Weg in die digitale Zukunft.
Mit freundlicher Unterstützung von