1. Krisen wie die aktuelle können positive Energien in uns Menschen freisetzen. Frau Stürmer, welche Vorschläge und Improvisationsideen aus Ihrem Filmunialltag machen Ihnen Mut?

    • Ich bin beeindruckt und begeistert, wie schnell sich die meisten Kolleginnen und Kollegen und auch die Studierenden auf die Situation einstellen. Wir haben binnen drei Wochen einen großen Teil unserer Lehre in Online-Angebote umgewandelt und der Unterricht läuft, obwohl die Hochschule geschlossen ist. Auch entstehen bereits schöne Ideen und Projekte, die die Krise kreativ verarbeiten – vom Projekt „100 Worte und ein Bild“, in dem sich die Hochschulangehörigen gegenseitig vorstellen, woran sie gerade arbeiten, bis zu einem gemeinsamen Film der Studierenden zu ihrer Corona-Situation, Arbeitstitel „Die Pause“.
  2. Seit Ihrem Start als Präsidentin der Filmuniversität vor sieben Jahren haben sich die Studierendenzahlen nahezu verdoppelt, in 2014 sind Sie Deutschlands erste Filmuniversität geworden. Worauf sind Sie besonders stolz, Frau Stürmer? Wie hat sich die Filmuniversität in den Jahren gewandelt?
    • Der starke Zuwachs an Studierenden ist ein Beleg für den Zuspruch, den wir erfahren, auch wenn es in unserer kleinen Hochschule nie um Quantität sondern immer um Qualität geht. Ich freue mich, einige Jahre nach der Universitätswerdung zu sehen, wie begeistert und organisch in allen Bereichen der Hochschule das Thema Forschung im Film aufgenommen und mit Leben gefüllt wurde. Das gilt für die film- und medienwissenschaftliche Forschung ebenso wie für technologische und künstlerische Experimente.
  3. Wie erwarten Sie, dass sich die Corona Krise auf die Perspektive und damit auch auf die Ausbildung Ihrer Studierenden auswirkt?
    • Noch vor einem Monat war das Thema Fachkräftemangel das alles beherrschende Thema der Branche und ein das Wachstum limitierender Faktor. Nun sind wir in einer akuten und dramatischen Krise und die Folgewirkungen durch sinkende Werbe- und Rundfunkgebühreneinnahmen sind absehbar. Ich bin aber überzeugt, dass sich der Bedarf nach hervorragend ausgebildeten hochkreativen Nachwuchstalenten und auch das Thema Weiterbildung / lebenslanges Lernen mittelfristig nicht verändern werden – gerade jetzt brauchen wir brilliante Köpfe, die über neue Inhalte, Geschäftsmodelle, digitale Lösungen etc. nachdenken und diese beherrschen.
  4. Ihr Tipp für alle im Home Office?
    • Wir merken alle, dass wir bald aus dem unmittelbaren Krisenmodus in eine längerfristig stabile Arbeitssituation kommen müssen – die Krise wird uns einen langen Atem abverlangen. Ich hoffe, dass wir den derzeit enormen Umfang an täglichen Telkos und Videokonferenzen etwas runterfahren können – auch wenn ich die sehr direkte und „hierarchiefreiere“ Kommunikation von Homeoffice zu Homeoffice schätze. Ich freue mich darauf, viele der digitalen Arbeitsformen, die wir uns jetzt alle in Windeseile aneignen, zu verfeinern und für die Zukunft zu bewahren und denke das jetzt schon mit.

 

April 2020