- Kerstin, wie fängt Dein Tag idealerweise an?
- Cappuccino im Bett. Sonne im Gesicht auf dem Fahrrad. Ein russischer Opernsänger in der S-Bahn. Das erste Telefonat mit nur guten Nachrichten.
- Was steht auf Deiner ToDo-Liste für diese Woche ganz oben?
- Zwei Serienkonzepte mit internationalen Koproduktions-Partnern fertigstellen. Unsere Branded Entertainment Kampagne planen. Und nebenher Locationabnahmen, Drehplanbesprechungen etc für meinen Kinofilm „Monster (AT)“, den ich im Juli/August drehen werde (mit Corinna Harfouch, Meret Becker, Sabine Timoteo u.a.).
- Was begeistert Dich am Geschichtenerzählen?
- Geschichten geben Mut zum Träumen, öffnen unmögliche Gedanken-Welten, bringen Sehnsüchte zum Klingen und machen Lebensexperimente. Wir können uns in Geschichten ganz neu erfinden und begegnen – sie führen uns das urmenschliche und das unmenschliche vor Augen – für Geschichten gibt es keine Grenzen und Mauern; Geschichten sind frei und überall willkommen.
- Ein aktuelles Serienwerk Projekt ist ein Identity-Thriller, Ego-Adventure „Rent an Actor“… erzähl mal …
- Lena Lange ist eine erfolgsarme Schauspielerin, die sich stundenweise an Privatpersonen vermietet. Unter dem Pseudonym Rita schlüpft sie in diverse Rollen. Je nach Kundenwunsch spielt Rita die liebende Tochter für eine kinderlose Frau, taucht als Jugendfreundin bei einer Seniorin zum Kaffeeplausch auf, hält die Grabrede für einen Verstorbenen, der gar nicht tot ist und geht stellvertretend für eine Geschäftsfrau mit Burnout auf Kur. Was als lukratives Geschäftsmodell beginnt, entwickelt sich zum gefährlichen Trip. Aus der Fiktionsprostituierten wird ein Identitätsjunkie. Rita gibt stückweise ihr Leben als Lena Lange auf und existiert nur noch als Patchwork aus unterschiedlichen Identitäten. Dabei wird sie ansteckend und lebensgefährlich…
- Wo ist Deine Unternehmensidee entstanden?
- o Während meines Filmstudiums in Québec, Kanadax Beim Ärgern über schlechte Serienfiguren made in Germany x Beim Träumen über schräge, großartige, außergewöhnliche, seltsame, liebenswerte und zutiefst menschliche Seriencharaktere, leider meistens mit amerikanischem Background. Das wollte ich ändern. Großartige serielle Erzählfiguren, die man liebt und hasst, die Mut machen und Fehler begehen, die mitreißen und einen nicht mehr loslassen – die kann es auch in und aus Deutschland geben! o Oliver Beste, der Initiator von startup.net:catapult, hat gesagt, dass wäre eine gute Idee für mich… o Meine besten Ideen entstehen am Zürichsee in der Schweiz. Dort habe ich während meines Masterstudiums viele Stunden verbracht und noch hunderte von Ideen in der Tasche.
- Serienwerk ist …
- …eine Entwicklungs- und Produktionsschmiede für Serienstoffe und ein Network-Host für großartige Autoren. Kurz: der firmengewordene Wunsch, qualitativ hochwertige, seriell erzählte Geschichten filmische Wirklichkeit werden zu lassen – und den unterschiedlichsten Bereichen: Mit unserem grossartigen Autorennetzwerk entwickeln wir alles zwischen horizontal erzählten Serienevents und kleinen, „handgemachten“ Webserien. Für Sender, Firmen und Plattformen.
- Was sind die größten Unterschiede zwischen Serien- und Kinofilm-Produktion?
- Die zwei größten Unterschiede zwischen Serien- und Kinofilmproduktion sind der Schreibprozess und die Finanzierungsmodelle. Eine Serie folgt meist anderen Erzählstrukturen als ein Film, dementsprechend muss sie auch ganz anders entwickelt und geschrieben werden. Erzählzeit, Geschichtsraum und Figurenensembles müssen und dürfen komplexer gedacht und geschrieben werden, deswegen bietet sich hier auch ein Schreiben im Team (nach dem Writers Room Modell) an. Ebenso greifen bei der Serienfinanzierung andere Mechanismen als beim Kinofilm, das Kinoticket fällt weg, die Vertriebsmöglichkeiten und Kanäle sind andere. Gerade heutzutage, da das serielle Erzählen und Produzieren endlich auch in Deutschland im Umbruch ist, ergeben sich gerade im seriellen Bereich tolle, neue Möglichkeiten international neue Finanzierungs- und Produktionsmodelle auszuprobieren.
- Wie müssen Deine Figuren ticken, damit sie für die Serie richtig gut funktionieren?
- Unsere Figuren sind laut oder leise, spießig oder völlig wahnsinnig, schön oder hässlich, mutig oder ängstlich. Vor allem tun sie aber eins: Sie lassen unsere Zuschauer nicht mehr los.
- Die Mitgründer von Serienwerk sind László, Armin und Bettina. Wer ist bei Euch für was zuständig?
- Laszlo ist unser Elder Statesman und Ruhepol. Außerdem ist er ein großartiger Autor. Sein Steckenpferd sind hochspannende und unkonventionelle Erzählstrukturen. Er ist sowohl für Stoffselektion und -entwicklung verantwortlich, als auch für die Pflege des Autorennetzwerks. Armin ist unser Businessman und Vermarktungsspezialist. Business Development und strategische Unternehmensfragen sind sein Aufgabenfeld. Bettina ist unsere Stoffkritikerin und Writers’-Room-Betreuerin. Durch ihre jahrelange Erfahrung als Theater- und Opernregisseurin kann sie den Löwenkäfig der Stoffentwicklung, den Writers’ Room mit verschiedensten AutorInnen, so gut leiten und moderieren wie kaum jemand anders. Neuerdings haben wir einen Co-Geschäftsführer Rajko Jazbec – ein Schweizer Produzent und eine perfekte Serienwerk-Ergänzung, da er viel „klassisches“ Produzenten Know-how und spannende Finanzierungsideen mitbringt.
- Kerstin, was war Dein skurriler, schrägster, „ich war jung und brauchte das Geld“ Job? Ein catapult-Teilnehmer hat als Fischverkäufer gejobbt …
- Ich war neben meinem ersten Studium mal Aktmodell in einem VHS Kurs für gelangweilte Hausfrauen in Niederbayern.
- Verdient Ihr mit Serienwerk inzwischen Geld und schreibt schwarze Zahlen?
- Wir machen zwar noch keine Millionenumsätze, aber Geld verdienen wir inzwischen schon. Und v.a. tragen unsere ersten eigenen Stoffentwicklungen Früchte, werden spruchreif – und kommen sehr gut an.
- Wo kann man Dich und Serienwerk treffen?
- Auf der MIPCOM im Herbst in Cannes. Auf dem Seriencamp in München. Auf dem CoPro Serienmarkt der Berlinale. Auf der Series Mania in Paris. Oder einfach in unserem Büro an der Jannowitzbrücke.
- Was ist das Besondere am startup.net:catapult-Programm?
- Durch das startup.net:catapult Programm haben wir die Möglichkeit spannende Unternehmen, Experten und andere Gründer kennenzulernen und sich auszutauschen – ein grossartiger Erfahrungstransfer findet hier statt. Gerade in der Peergroup habe ich viele wertvolle Tipps in Punkto Unternehmensführung und Organisation mitnehmen können und tolle Kontakte geknüpft. Zudem hat uns die Vernetzung im media.net im letzten Jahr schön nach vorne „katapultiert“.
- Du bevorzugst: Cannes oder Berlinale?
- Locarno. Unter Sternen und Palmen auf der Piazza Grande ist der Filmgenuss am schönsten.
- Twin Peaks oder Türkisch für Anfänger?
- Alleine Twin Peaks. Mit Familie Türkisch für Anfänger.
- Filmförderung oder VC?
- Nehme ich beides gerne.
- Du bist eher Early Bird oder Late Night Owl?
- Als Autorin Early Bird. Als Regisseurin Late Night Owl. Als Geschäftsführerin beides.
- Drama oder Comedy?
- Dramedy.
- Berlin oder Quebec?
- Quebec. Ich bekomme schnell Fernweh. Allerdings sehne ich mich dann wieder schnell nach Berlin zurück.