- Herr Wolff, am 06.08. findet der Politische Morgen mit Olaf Scholz als Gast in Ihrer Halostage in Potsdam-Babelsberg statt. Die Halostage ist ein flexibles LED-Studio – vielleicht können Sie unseren Leser*innen etwas genauer erläutern, wofür die Halostage steht und ob weitere solcher Locations geplant sind?
- Auch wenn die HALOSTAGE im ersten Augenblick als LED-Studio bezeichnet wird, gibt es einen Begriff, der es treffender beschreibt: Mixed Reality Production Studio. Denn auf der LED-Wand werden ganze Welten digital gezeigt, während sich davor ein reales Set mit realen Schauspielern befindet. Daher der Begriff der gemischten Realität.
- Wir bereiten gerade zwei ganz unterschiedliche Produktionen vor, die zeigen, was man alles machen kann: Bei der einen wird ein Auto von der Straße gewirbelt. Die Kameraperspektive zeigt den Fahrer in genau dieser Situation auf seinem Sitz, wie er durchs Auto geschleudert wird, und natürlich die Straße und die umliegenden Häuser. On Location wird die Umgebung einmal gefilmt. Hier im Studio steht das Auto mit dem Schauspieler auf einem Simulator vor der LED-Wand – genau da, wo die Gäste während des Politischen Morgens sitzen. Und dann drehen wir hier die Einstellung, nicht “on Location”.
- Die andere Produktion ist eine Science-Fiction-Serie, bei der z.B. ein Hangar einer Raumstation in 3D modelliert und in Echtzeit gerendert auf der Wand gezeigt wird. Die Crew des Raumgleiters führt ihre Dialoge vor dem Ablauf an eben der gleichen Stelle, wo in der anderen Produktion das Auto steht.
- Dass dies alles funktioniert, hat mit dem neuen Produktionsprozess zu tun, der hier implementiert ist. Statt in der Postproduktion werden viele gestalterische Aufgaben schon vor Drehbeginn erledigt. Und deswegen kann man schon direkt nach dem eigentlichen Dreh hier im Studio das finale Ergebnis sehen.
- Ein zweites Studio ist für nächstes Jahr in Berlin-Tempelhof geplant, die Halostage Mk II. Hier in Babelsberg sprechen wir von der Halostage Mk I, denn diese hier hat einen total flexiblen Shape. Als Shape wird die Form der LED-Wand beschrieben. Und diesen Shape können wir jederzeit für die Produktion ändern, im Extremfall auch mitten in den Dreharbeiten.
- Auch wenn die HALOSTAGE im ersten Augenblick als LED-Studio bezeichnet wird, gibt es einen Begriff, der es treffender beschreibt: Mixed Reality Production Studio. Denn auf der LED-Wand werden ganze Welten digital gezeigt, während sich davor ein reales Set mit realen Schauspielern befindet. Daher der Begriff der gemischten Realität.
- Das klingt sehr interessant und fast so, als würde der vielgenutzte und seit Langem etablierte Green Screen eine starke Konkurrenz in der Filmproduktion bekommen, oder? Welche weiteren Vorteile haben LED-Walls und wie wird sich Virtual Production Ihrer Meinung nach in Zukunft weiterentwickeln?
- Ja, die Green Screen wird es in Zukunft schwer haben. Denn mit dem Bild auf der LED-Wand sehen Schauspielerinnen und Schauspieler genauso wie DoP und Regisseur sofort das Ergebnis. Also „What you see is what you get“ – gewissermaßen. Und das ist schon ein sehr großer Vorteil. Es entfallen lästige Marker, Proben werden einfacher, Fehlerquellen werden eliminiert, kreative Iterationen sind leichter umsetzbar und es braucht nicht erst die Postproduktion, um das Ergebnis der Dreharbeiten konkret zu sehen. Wir haben gerade Zahlen aus einer aktuellen Produktion. Die meldet, dass die BTL-Kosten für bestimmte Shots die Mixed Reality Production um 50% niedriger liegen.
- Es ergeben sich eine Reihe von Vorteilen: Das fängt mit Kostenvorteilen an, geht über kreative Potenziale, weil man Shots realisieren kann, die früher nicht möglich waren. Das steigert den sog. Production Value. Wir diskutieren gerade mit einer Produktion, Außenaufnahmen bei winterlicher Nacht hier im Studio zu drehen. Statt 120 Menschen für 20 Drehtage zum Set in die Berge zu bringen, geht lediglich ein kleines Kamerateam für die Außenaufnahmen raus, erstellt Lidar-Scans für die spätere Digitalisierung des gesamten Bergs und des dazugehörigen Walds.
- Stellen Sie sich mal vor, die Crew kann hier im Studio bei 20 Grad plus drehen, nicht bei 20 Grad minus. Und sie können am Tag drehen und sind nicht auf die Nacht begrenzt. Übrigens ist der Wegfall von Reisen und Logistik einer der größten Vorteile in punkto Nachhaltigkeit.
- Wir bekommen von den Produktionen das Feedback, dass noch keiner absehen kann, was noch alles möglich wird. Nur bei einer Sache sind sich alle einig: Dass es die Art beeinflussen wird, wie künftig Filme gedreht werden.
- Ja, die Green Screen wird es in Zukunft schwer haben. Denn mit dem Bild auf der LED-Wand sehen Schauspielerinnen und Schauspieler genauso wie DoP und Regisseur sofort das Ergebnis. Also „What you see is what you get“ – gewissermaßen. Und das ist schon ein sehr großer Vorteil. Es entfallen lästige Marker, Proben werden einfacher, Fehlerquellen werden eliminiert, kreative Iterationen sind leichter umsetzbar und es braucht nicht erst die Postproduktion, um das Ergebnis der Dreharbeiten konkret zu sehen. Wir haben gerade Zahlen aus einer aktuellen Produktion. Die meldet, dass die BTL-Kosten für bestimmte Shots die Mixed Reality Production um 50% niedriger liegen.
- Beim Poltischen Morgen am 06.08. geht es um die Zukunft des Innovationsstandortes Potsdam-Babelsberg. Was möchten Sie zum einen der Politik mitgeben – sprich welche Bedarfe oder Anregungen Ihrerseits gibt es? Und zum anderen: Was möchten Sie den Filmschaffenden noch zum Abschluss mit an die Hand geben?
- Der Standort hier hat ein phantastisches Potenzial: Beste Infrastruktur, qualifiziertes Personal und ein passendes Hochschulumfeld, das Forschung und Entwicklung vorantreibt. Und wir können uns international mit den Besten messen. Und zwar genau im Zukunftsmarkt der Mixed Reality Production.
- Der Politik möchten wir gern eine Perspektive antragen – Steve Jobs würde sagen: „Mixed Reality Production is the next big thing“. Das funktioniert allerdings nicht allein hier in Babelsberg. Denn den Markt gewinnen wird, wer Kräfte bündeln kann. Das bedeutet vielleicht auch, Film und Fernsehen nicht nur kulturpolitisch zu betrachten, sondern als das, was es eben auch ist: Ein wachsender Industriezweig hier in Deutschland, der unser hiesiges Engineering und Knowhow international wettbewerbsfähig liefern kann.
- Den Filmschaffenden können wir nur ein schlichtes Angebot machen: Das geile Zeug von morgen, das Ihr in Hollywood vermutet, das steht hier in Babelsberg. Und das bereits heute.
- Der Standort hier hat ein phantastisches Potenzial: Beste Infrastruktur, qualifiziertes Personal und ein passendes Hochschulumfeld, das Forschung und Entwicklung vorantreibt. Und wir können uns international mit den Besten messen. Und zwar genau im Zukunftsmarkt der Mixed Reality Production.
August 2021
Bild: (c) Erik Wolff