1. Herzlichen Glückwunsch, Herr Zawierucha! internetwarriors feiert in diesem Jahr 20jähriges Bestehen am Markt. Wenn Sie einmal auf die Anfänge zurückblicken, was hat sich seit Ihrer Gründung im Bereich Online-Marketing am meisten verändert? Die Möglichkeiten, die Tools, die KPI´s – das war doch noch eine ganz andere Welt, oder?
    • Vor 20 Jahren gab es kein YouTube, Google Maps, Amazon, Facebook. Das Internet war damals im Jahr 2001 zum Zeitpunkt der Grünung von internetwarriors schon seit 10 Jahren live, wurde aber in nur wenigen Branchen kommerziell genutzt. Die einzigen, die damals schon Geld verdienten, waren die Gambling- und die Pornoindustrie. Es gab kein Tracking wie Google Analytics und es gab keine Datenschutzprobleme, denn es gab keinen Datenschutz. 
    • Das Internet hat sich von damals bis heute sehr stark zu einem unverzichtbaren Bestandteil unserer Gesellschaft entwickelt – und das innerhalb von nur 25 Jahren. Dazu haben die technische Entwicklung und die Erfindung von Smartphones erheblich beigetragen. Heute können wir für unsere Kunden mithilfe von Trackingtechnologien die User trotz – oder auch mit – Datenschutzvorgaben über viele Touchpoints hinweg im Internet als auch im realen Leben verfolgen und so zielgerichteter Werbung ausspielen. Genauer als jemals zuvor. 
    • Leider hat sich in der sogenannten Plattform-Ökonomie Deutschland bzw. die EU nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert, sodass wir leider eine ausgeprägte Monopolstellung der amerikanischen Unternehmen vorfinden. Eine wirklich große Möglichkeit erfolgreich Online-Werbung auf vielen unterschiedlichen Werbeplattformen zu schalten besteht nicht wirklich.
  2. Ihr Unternehmen war schon immer in Berlin beheimatet. Welche Vor- oder auch Nachteile sehen Sie an diesem Standort und wie beurteilen Sie die Entwicklung der Digitalindustrie in der Hauptstadtregion in den vergangenen zwei Jahrzehnten?
    • Berlin hat sich verändert. Die geteilte Hauptstadt bot für viele kreative Köpfe viel Platz zum Ausprobieren. Das Leben in Berlin war billiger als in den meisten anderen europäischen Hauptstädten. Das Nachtleben und die Kultur haben sehr viele Menschen angezogen, der Spruch vom damaligen Bürgermeister Wowereit „arm aber sexy“ traf den Nagel auf den Kopf. 
    • Nun will Berlin aber mithalten, will die Startup-Hauptstadt Europas bleiben, doch hat entscheidende Standortnachteile: Es gibt in Berlin und um Berlin herum einen nur sehr schwach entwickelten Mittelstand. Die Berliner Verwaltung ist durch lange Jahre des Mangels in vielen Teilen überlastet oder schlecht aufgestellt, der Wohnungsmarkt ist angespannt, die Preise ziehen an. 
    • Die Bildungslandschaft in Berlin hat im Bundesdurchschnitt einen schlechten Ruf – Berlin muss aufpassen, dass die besten Denker nicht in München oder Saarbrücken landen. Die Digitalindustrie hat sich in Berlin in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, aber nur arm und sexy reicht nicht mehr. Berliner Unternehmen müssen in der Lage sein, höhere Löhne zu zahlen und der Wettbewerb um die gut ausgebildeten Mitarbeiter wird härter.
  3. Als Full Service Online Marketing Agentur müssen Sie die aktuellen Trends kennen, sie evaluieren und ggf. in Ihr Portfolio aufgreifen. Was glauben Sie, wird 2021 entscheidend sein? Welche Trends sehen Sie gerade?
    • Wir sehen jetzt, dass viele Mittelständler erkannt haben, dass eine erfolgreiche Digitalisierung für ihre Unternehmen große Vorteile bietet. Dennoch ist bei vielen noch nicht angekommen, dass es nicht reicht, wenn jemand jemanden kennt, der eben schnell eine Webseite aufsetzt. Der Wille zu investieren und zu erkennen, dass die digitalen Kanäle für Unternehmen die wichtigsten Kommunikationsmöglichen beinhalten, wird sich noch weiterentwickeln. Solange der Fuhrpark mehr Kapital bindet als die Investitionen in digitale Technologien, werden deutsche Unternehmen nicht mithalten können. 
    • Ein Trend wird das Thema „datenschutzkonforme Webanalyse“ sein, die digitale Werbung auf allen Kanälen intelligent zu verknüpfen und die Daten dann in ein CRM zu spielen. 2021 wird zeigen, wie sehr die Wirtschaft auf Reisen und Messen verzichten kann. Die Kontaktaufnahmen und Verkaufsanbahnungen über das Internet ersetzen sicherlich nicht zu 100% das persönliche Gespräch, aber sind zu 100% hygienekonform (lacht).

 

März 2021

Bild: internetwarriors GmbH