- 2001, 2008, jetzt 2020 – große Wirtschaftskrisen haben auch in den vergangenen beiden Jahrzehnten viele Unternehmen in Bredouille gebracht. Frau Dr. Freckmann, Sie waren bereits damals als Fachanwältin für Arbeitsrecht tätig. Wo sehen Sie Unterschiede der derzeitigen Coronakrise zu damals, wo Gemeinsamkeiten?
- Diese Krise jetzt ist in der Tat ganz anders als damals. Jetzt ist ein jeder von uns mit persönlichen Beschränkungen konfrontiert. Das war damals anders.
- Gleich ist aber, dass wir uns den neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Es ist nun unsere neue Realität. Unternehmen werden sich nach der Covid-19-Krise anders aufstellen. Die Unternehmen haben bspw. gelernt, dass die Belegschaft im Homeoffice arbeiten kann und dass das auch funktioniert. Allein schon dies wird Veränderungen im Unternehmensalltag mit den damit verbundenen rechtlichen Themen mit sich bringen.
- Sich den neuen Realitäten anzupassen, sie zu akzeptieren und sie dann zu gestalten, ist meines Erachtens ganz wichtig. Es mag zwar platt klingen, aber auch jede Veränderung birgt Chancen für uns. Man braucht ein wenig Zeit, um diese Veränderungen zu erkennen und zu akzeptieren.
- Die Zeit 2001 und 2008 habe ich als zupackend und gestalterisch in Erinnerung. So versuche ich auch jetzt die kommenden Monate weiter anzugehen.
- Sie sind Arbeitsrechtlerin durch und durch, Autorin zahlreicher Fachbücher und Publikationen und beraten (multi-)nationale Unternehmen. Zudem sind Sie Co-Chefin der Internationalen Arbeitsrechtgruppe. Worum handelt es sich dabei und was leistet diese Gruppierung?
- Ich bin Anwältin und Partnerin bei Osborne Clarke – einer internationalen Wirtschaftskanzlei mit über 1.800 Mitarbeiter*innen an 26 Standorten weltweit. Rund 400 Mitarbeiter*innen arbeiten an unseren deutschen Standorten Köln, Berlin, Hamburg und München zusammen. Mit dem Anspruch „Helping you succeed in tomorrow`s world“, ausgeprägter Branchenkenntnis durch Vernetzung und herausragender Kompetenz in Themen der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen berät und vertritt Osborne Clarke Unternehmen und Unternehmer in allen praktisch relevanten Fragen des Wirtschaftsrechts – exzellent, inspirierend, begeisternd und wertschätzend, nach außen wie nach innen.
- Als führendes deutsches und internationales Arbeitsrechtsteam bündeln wir unser Fachwissen standortübergreifend, bringen unsere jeweilige regionale Stärke ein und stehen unseren Mandanten als ein zusammenhängendes internationales Team zur Verfügung. Unsere Kultur zeichnet uns aus – nach außen wie nach innen: Wir sind stets untereinander wie auch für unsere Mandanten erreichbar und unterstützen uns gegenseitig bei der Betreuung unserer Mandanten. Osborne Clarke Beratung aus einer Hand – egal in welchem Land. Unser Ansatz ist innovativ: Mit marktführender Technologie, wo sie eine Verbesserung unserer Dienstleistungen bietet, schaffen wir wirtschaftlichen Mehrwert in der Zusammenarbeit mit unseren Mandanten. Wir sind für die gesamte Bandbreite von Mandanten tätig, von lokalen Unternehmern und neu gegründeten Technologieunternehmen bis hin zu großen globalen Konzernen.
- Ein Teil der arbeitenden Bevölkerung kehrt nun allmählich wieder an den Arbeitsplatz zurück. Welche Arbeitsschutzbestimmungen muss ein Arbeitgeber einhalten, damit er dies von seiner Belegschaft einfordern darf?
- Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer, auch bei Angst vor Corona, nicht einfach zu Hause bleiben oder einseitig eine Tätigkeit im Homeoffice erzwingen. Von daher ist die Rückkehr an den Arbeitsplatz – vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen bzw. konkreter Krankheits- oder Verdachtsfälle – der Regelfall. Es gibt dazu eine Covid-19 Arbeitsschutzbestimmung, die jedes Unternehmen beachten sollte.
- Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, seine Arbeitnehmer zu schützen und sicherzustellen, dass sie nicht geschädigt werden – die sog. Fürsorgepflicht. Dies gilt auch, wenn keine konkreten Krankheits- oder Verdachtsfälle im Unternehmen bestehen. Die erforderlichen Maßnahmen hängen von den Umständen im Betrieb ab. Grundsätzlich sind – natürlich unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls und den Besonderheiten des Betriebes – folgende Schutzmaßnahmen zu beachten:
- Aufklärung der Mitarbeiter und Aufforderung zum regelmäßigen, ausreichend langen Händewaschen, zur „Hustenhygiene“ sowie zum Abstandhalten
- Aufstellen von Desinfektionsmitteln
- Verzicht auf das Händeschütteln
- Telefonkonferenzen statt Gesprächsrunden
- Schnelle Reaktion auf Verdachtsfälle: Information der Betroffenen und ggf. bezahlte Freistellung von Personen mit ungeklärten Atemwegssymptomen
- Bei besonders engen räumlichen Verhältnissen ggf. Mundschutzmasken bzw. abwechselnde Anwesenheit der Mitarbeiter
- bezahlte Freistellung von Rückkehrern aus dem Ausland
- Wir haben bereits zahlreiche Mandanten zur Rückkehr an den Arbeitsplatz beraten und stehen für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung.
- Ihr Tipp fürs Home Office?
- Das Arbeiten im Homeoffice ist anstrengend. Ich empfinde es persönlich als ein sehr intensives Arbeiten, aber es ermöglicht ein sehr konzentriertes Arbeiten. Privates und Berufliches verwischen jedoch miteinander. Dem versuche ich zu begegnen, indem ich in der Wohnung bestimmte Plätze habe, an denen ich nur arbeite. Im Wohnzimmer arbeite ich nicht. Genau wie im Büro gebe ich meinem Tag eine klare Struktur, und zwar der Zeit des Arbeitens und der der Freizeit. Mit den Kollegen bin ich im regelmäßigen Austausch per Skype. In der Zukunft wird es wahrscheinlich eine Mischung von Arbeiten im Homeoffice und im Büro geben.
Juli 2020