1. Herr Ehrmann, Anfang Mai haben Sie für die Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner eine neue Dependance in Berlin gegründet. Haben Sie sich bereits gut eingelebt? Was hat Sie bewogen, in die neue Sozietät zu wechseln und warum hat FGvW nun auch in der Hauptstadt ein Büro eröffnet?
    • Zunächst einmal: Wir sind von unserem eigenen Mut, mitten in der Coronakrise ein neues Büro zu eröffnen, selbst etwas erstaunt! Unser Gründungsteam, bestehend aus Experten für Gesellschaftsrecht, Venture Capital und Steuerrecht, hat in dieser Konstellation ja bereits vorher recht erfolgreich in einer anderen Berliner Sozietät zusammengearbeitet. Wir sehen uns vor allem als agiles, transaktionserfahrenes Beratungsteam, das über die üblichen Fachgrenzen und gemeinsam mit den Mandanten ganzheitliche, rechtlich fundierte Lösungen erarbeitet. Dieser Ansatz kommt im Markt glücklicherweise sehr gut an. 
    • Wir beraten ja vor allem Technologie- und Kreativunternehmen und deren Investoren. Diesen Schwerpunkt teilen wir viel stärker mit den neuen Kollegen von FGvW als das in unserer früheren Kanzlei der Fall war. Insbesondere die starke Stellung von FGvW in der Beratung zu Geistigem Eigentum und Informationstechnologie passt erwartungsgemäß sehr gut zu den Bedürfnissen unserer Mandanten, davon erhoffen wir uns große Synergien. Auch für größere Unternehmenstransaktionen sind wir mit den erfahrenen FGvW-Teams in Freiburg, Köln und Frankfurt jetzt viel besser aufgestellt. 
    • Berlin soll für FGvW insbesondere auch ein Hub für die Startup-Beratung, Venture Capital und Unternehmensbeteiligungen durch Private-Equity-Fonds werden. Unser Team bringt dafür viel Erfahrung und die notwendige Vernetzung im Berliner Startup-Ecosystem mit. Gemeinsam mit unseren Kollegen in den anderen Standorten bieten wir jetzt schon alle wichtigen Beratungsbereiche an. Ziel ist es natürlich, in den nächsten Jahren möglichst viel davon zusätzlich auch in Berlin anzusiedeln.
  2. Ihre Kanzlei ist u.a. spezialisiert auf die Digital- und Startup-Szene. Wie sehen Sie die aktuelle Lage und die Zukunft dieser Branche mit Blick auf die Coronakrise? Welche Stimmungen nehmen Sie wahr?
    • Wir beraten ja sowohl Startups im laufenden Geschäft als auch Fonds und andere Investoren aus dem In- und Ausland. Zunächst waren natürlich alle sehr verunsichert, es wurden Finanzierungsrunden verschoben und Zusagen zurückgezogen, es sah zunächst aus, als würde jetzt der große Crash kommen. Inzwischen hat sich die Stimmung nach unserem Eindruck wieder deutlich ins Positive gedreht. Außerdem gab es zum Glück einige Transaktionen, die wie geplant durchgezogen wurden – wenn auch nach sorgfältiger Prüfung, ob trotz Coronakrise die beabsichtigten wirtschaftlichen Ziele noch erreichbar sind. Da wir bei unserer Beratung ohnehin immer die wirtschaftliche Brille aufhaben, konnten wir hier von Anfang an echten Mehrwert liefern. Bloße Bedenkenträger-Beratung bringt die Mandanten schließlich schon in normalen Zeiten nicht weiter, in der Krise gilt das natürlich erst recht. 
    • Auch wenn manche Unternehmen kurzfristig ihr Geschäftsmodell anpassen mussten: Die Krise wirkt als Katalysator der forcierten Digitalisierung. Für viele Digitalunternehmen bedeutete Corona nach einer kurzen Phase der Unsicherheit eher eine nachhaltige Chance und beschleunigte somit deren Geschäftsentwicklung. Wer schon vor Corona seinen Service in der Cloud anbieten konnte, wird jetzt gestärkt aus der Krise kommen. Ein simples Zurück in die Vergangenheit wird es schließlich nicht geben können. 
    • Es gibt allerdings auch Mandanten, die noch stärker im analogen Geschäft sind, z.B. im Bereich Live Communication / Events / Entertainment und Leisure. Hier kann schlicht nicht alles auf digital umgestellt werden. Hier unterstützen wir die Mandanten dabei, die Krise auszusitzen mit Kurzarbeit, Beihilfen etc, um dann nach der Krise wieder anzugreifen.
  3. Welche Themen standen im Fokus Ihrer Beratung in den letzten Monaten?
    • Vieles davon war natürlich konkret krisenbedingt: Wir haben Mandanten bei der Beantragung von staatlichen Beihilfen unterstützt, Steuer-Stundungsanträge gestellt und Kurzarbeit beantragt, wir haben für unsere Mandanten mit Banken und Investoren verhandelt. Einige Mandanten haben wir bei der Umstellung Ihrer Geschäftsmodelle unterstützt; da mussten oft mit sehr wenig Vorlauf eine große Menge an rechtlichen und steuerlichen Themen abgearbeitet werden – wir haben gerade eine sehr intensive Zeit gemeinsam mit unseren Mandanten. 
    • Glücklicherweise hatten wir aber auch ein paar ganz normale Finanzierungsrunden und andere Transaktionen / Exits, die wir rechtlich und steuerlich begleiten konnten. Es gibt auch noch ein paar andere, die so verrückt sind wie wir und die in diesen Tagen mit unserer Unterstützung ihr Unternehmen gründen. Da packen wir dann erst recht gerne mit an!
  4. Ihr Tipp fürs Home Office?
    • Viele nutzen Videokonferenzen derzeit ja nicht nur für geschäftliche Kommunikation, sondern auch um mit ihren Freunden und der Familie in Kontakt zu bleiben. Man sollte unbedingt daran denken, nach den freitagnächtlichen Corona-Drinks mit Freunden den Bluescreen-Bildschirmhintergrund wieder auf ein geschäftlich neutrales Thema zurückzusetzen, sonst macht man montags einen besonderen Eindruck auf den neuen Kunden…

 

Mai 2020