1. Herr Dümichen, Deutschlands Startups sind weiter auf Wachstumskurs, sie sind Jobmotor und werden immer internationaler. Welche Erkenntnisse ziehen sie aus Ihrem 3. DSM?
    • Eine der ganz wesentlichen Aussagen des DSM 2015 ist, dass Startups ihre Funktion als Beschäftigungsmotoren weiter ausbauen. Im Bundesdurchschnitt beschäftigt ein Startup nach knapp drei Jahren inklusive der Gründer 17,7 Mitarbeiter. 2014 lag dieser Wert noch bei 16,8, 2013 bei 12,5 Beschäftigten. Sowohl die positive Entwicklung über den Beobachtungszeitraum als auch die hohe Anzahl an neu geschaffenen Beschäftigungsverhältnissen im Vergleich zum klassischen Gründungsgeschehen sind äußerst positiv zu werten. Dieser Befund unterstreicht, dass Startups bei der Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen eine immer weiter zunehmende Bedeutung zukommt. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass knapp 10% der Gründer und 22% der Arbeitnehmer von Startups nicht aus Deutschland kommen, zeichnet sich das Bild, dass deutsche Startups hoch qualifizierte Talente aus aller Welt anziehen können. Angesichts der demographischen Herausforderungen, vor denen wir als Wirtschaftsnation stehen, eine aus meiner Sicht sehr ermutigende Erkenntnis.
    • Die zweite wichtige Erkenntnis ist, das Business Angels in der Frühphasenfinanzierung von Startups als zweitwichtigster externer Finanzierungsquelle weiterhin eine ganz zentrale Bedeutung zukommt. In Richtung der Politik sollte dies als Signal gewertet werden, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Business Angels gestärkt werden müssen. Die augenblickliche Diskussion über die Verschärfung der steuerlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen ist in diesem Zusammenhang äußerst kontraproduktiv und hat bereits zu einer massiven Verunsicherung bei vielen Business Angels geführt. Hier wäre dringend geboten, dass die Regierung sich eindeutig in Richtung einer Stärkung der Position von Business Angels positioniert. Das in der Kabinettssitzung der Bundesregierung vom 16. September 2015 beschlossene Eckpunktepapier für Wagniskapital weist hier in die richtige Richtung. Es bleibt jedoch abzuwarten, in welcher Form die geplanten Maßnahmen letztlich umgesetzt werden.
    • Last but not least finde ich bemerkenswert, dass Gründer bei der Bewertung ihrer Lebenszufriedenheit auf der Skala von 1 bis 10 mit einer 8,0 deutlich über dem Durchschnitt des deutschen „Normalbürgers“ von 6,8 liegen. Trotz des Gründerstresses scheint die Möglichkeit, selbstbestimmt etwas Neues zu erschaffen, die Lebenszufriedenheit deutlich zu erhöhen.
  2. Was bedeutet das für die Berliner Startup Szene? Haben Sie auch hier Zahlen zum Jobmotor Startup?
    • Der DSM bestätigt einmal mehr die Vorrangstellung der Berliner Startup Community vor den anderen deutschen Gründerregionen. Sowohl von der Anzahl der Studienteilnehmer als auch bei anderen erhobenen Kennzahlen liegt Berlin vor den anderen Regionen. So ist beispielsweise die Anzahl der Beschäftigten in den Berliner Startups mit durchschnittlich 27,7 noch einmal fast um zehn Beschäftigte höher als im Bundesdurchschnitt. Ein klares Zeichen, dass sich in Berlin mehr Later Stage Startups mit hohen Beschäftigungszahlen finden als im Rest der Republik. Auch der Anteil ausländischer Mitarbeiter ist mit 33,7% noch einmal höher als im Schnitt. Damit unterstreicht Berlin seinen Ruf als Magnet für internationales Talent. Auch mit der Zahl der geplanten Neueinstellungen liegen die Berliner Startups mit 11,9 Stellen vorn. Insgesamt zeichnet der DSM 2015 damit ein sehr positives Bild von der Berliner Startup Szene. Die erhobenen Zahlen bestätigen damit das Gefühl, das wohl jeder hat, der sich in der Berliner Startup Szene bewegt.
  3. Wohin wird sich die Startup Szene entwickeln? Welche Rolle werden Startups in ihrem Unternehmen deutschlandweit/weltweit spielen? Sehen sie eine Startup Sättigung oder stehen wir erst am Beginn einer neuen Gründerkultur?
    • Ich glaube, dass die wirtschaftliche Bedeutung von Startups zukünftig eher noch zunehmen wird. Startups bilden das geeignete Umfeld um disruptive Geschäftsmodelländerungen und Technologien zu entwickeln. Dies in einer Intensität und Geschwindigkeit, die etablierte Unternehmen nicht darstellen können. Diese Erkenntnis ist mittlerweile auch bei großen Corporates und Familienunternehmen mehrheitsfähig, die sich zunehmend mit der Frage beschäftigen, wie sie in der Kollaboration mit Startups ihre eigenen Innovations- und Forschungsbemühungen befeuern können. Dies wird durch die stetig wachsende Anzahl von Inkubatoren, Akzeleratoren und Coworking Labs großer Unternehmen bestätigt, die aktuell entstehen. Wir sehen das als Beratungsunternehmen auch in der stetig wachsenden Zahl von Anfragen unserer eigenen Kunden in dieser Richtung. Für uns als KPMG sind Startups insbesondere in dreierlei Hinsicht relevant: zum einen als Zielgruppe für unsere Beratungsleistungen. Hier haben wir vor einigen Jahren mit unserer Smart Start Initiative begonnen, gezielt Beratung für junge Wachstumsunternehmen und deren besondere Herausforderungen anzubieten. Daneben besteht wie bereits beschrieben ein stetig zunehmender Bedarf unserer Mandanten aus dem Bereich Corporates und Familienunternehmen, mit Startups zu kooperieren. Hier haben wir z.B. eine Kooperation mit der hy! Berlin geschlossen, die einen hoch professionellen Rahmen für einen derartigen Austausch bildet. Schließlich sind wir als KPMG auch selbst daran interessiert, unsere eigenen Produkte und Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit Startups zu verbessern. Hierzu gibt es ebenfalls eine Reihe von Initiativen, z.B. KPMG Capital, ein Investmentvehikel, das gezielt in Startups aus den Bereichen Big Data und Data Analytics investiert.
    • Vor diesem Hintergrund glaube ich nicht, dass wir bei dem Thema Startups eine Sättigung oder einen Hype sehen. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass wir am Anfang eines Systemwechsels stehen, bei dem Startups eine stetig zunehmend Bedeutung Im Rahmen von Innovation und Disruption spielen.

 

Datum: 25.09.2016