- Frau Scheeres, die Nutzung von digitalen Medien im Unterricht ist an Berliner Schulen eher die Ausnahme als die Regel. So steht Deutschland laut der aktuellen “International Computer and Information Literacy Study” (ICILS) am Schlusslicht, noch hinter Chile und Thailand. Welche Anstrengungen werden unternommen um Berliner LehrerInnen und SchülerInnen auf den Einsatz von digitalen Technologien vorzubereiten. Und inwieweit bereitet der neue Rahmenlehrplan für die Klassenstufen 1-10 auf die Anforderungen einer digitalisierten Gesellschaft von morgen vor?
- Ich verstehe Medienbildung nicht als eigenständiges Fach, sondern als integraler Bestandteil aller Fächer. In den meisten Fortbildungen für Lehrkräfte werden also – in jeweils unterschiedlicher Intensität – Beiträge zur Medienbildung mit vermittelt. Denn in allen Fächern bieten sich vielfältige Gelegenheiten, die Medienwelt, alle Medienarten und deren Inhalte zum Lerngegenstand zu machen, sie zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Das wird auch der neue Rahmenlehrplan berücksichtigen. Zu den Ergebnissen von ICILS: Da ziehe ich für Berlin bessere Schlüsse. Seitdem wir den sog. „eEducation Berlin Masterplan“ umsetzen, hat sich einiges an den Berliner Schulen verändert: Während sich 2005 noch 12 Schülerinnen und Schüler einen PC teilten, sind es heute weniger als 6. Von den über 53.000 PCs in den öffentlichen allgemein bildenden Berliner Schulen entfallen fast 12.000 auf Notebooks, aber auch Tablets. An unseren öffentlichen allgemein bildenden Schulen befinden sich über 5.200 elektronische Tafeln, über 70% der Schulen sind an diesem Projekt beteiligt, 114 Schulen sind komplett „kreidefrei“. Auf dem Gebiet der Medienbildung ist also viel Bewegung, denn wir wollen und müssen sowohl die Lehrenden als auch die Lernenden fit machen. Das Basiscurriculum Medienbildung im Rahmenlehrplan entfaltet ein Kompetenzmodell und nennt Standards, die für alle Fächer verbindlich sind. Diese Standards werden in den Fachplänen aufgegriffen und fachspezifisch ausgestaltet. Der Medienbildung wird somit ein hervorgehobener Stellenwert im den Rahmenlehrplan zugewiesen.
- Laut aktuellen Zahlen des IT Verbands BITKOM fehlen Deutschland mehr als 41.000 ausgebildete IT-Spezialisten. Vor allem die sich hochdynamisch entwickelnde Start-Up Szene Berlins benötigt qualifizierte in- und ausländische Fachkräfte und Gründer. Wie fördern Sie die (universitäre) Ausbildung von IT/Medien-Fachkräften? Und welche Maßnahmen werden umgesetzt, um die Berliner Universitäten für potentielle ausländische Studenten attraktiver zu gestalten?
- Vor wenigen Wochen ist eine Studie des Stifterverbandes für die Deutsche Wirtschaft erschienen, die die Anstrengungen der Bundesländer im MINT-Bereich untersucht hat. Dazu gehörten Fragen nach der Entwicklung der Absolventen und Studierenden oder auch nach dem Anteil an Frauen und ausländischen Studierenden. Für Berlin wurde ein insgesamt positives Fazit gezogen. So haben sich die Studienanfänger- als auch Absolventenzahlen zwischen 2008 und 2013 nahezu verdoppelt. Deutschlandweit hat Berlin damit die größte Entwicklung. Das freut mich natürlich. Aber diese Entwicklung ist einerseits nicht vom Himmel gefallen und bedeutet andererseits für mich auch auf keinen Fall, dass die Anstrengungen nicht noch ausgeweitet werden können bzw. müssen. Wir brauchen mehr Fachkräfte gerade im MINT-Bereich. Und natürlich reicht dafür nicht eine Maßnahme. Ich will hier aber einige rausgreifen: 1.Keine Hürden für ausländische Studierende zum Beispiel durch Studiengebühren und grundsätzlich eine ausreichende Anzahl an Studienplätzen. 2. Die Werbung für die MINT-Fächer. 3. Grundvoraussetzung für attraktive Hochschulen ist eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen. Deshalb haben wir die Finanzierung angehoben und verstärken jetzt die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen. 4. Gleichzeitig brauchen wir eine gute Förderung der Spitze. Insbesondere die Exzellenzinitiative hat es ermöglicht, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch aus dem Ausland sich hier weiterentwickeln konnten. 5. Der Ausbau der nationalen wie internationalen Kooperation und des Austauschs.
- Die Nachwuchsgewinnung für die MINT-Fächer muss aber noch viel früher ansetzen. Wir müssen bereits in Kita und Schule das Interesse für Naturwissenschaften und Technik wecken oder das Interesse bei Schülerinnen und Schüler weiter stärken. Aus diesem Grund unterstützt meine Verwaltung zum Beispiel auch die sogenannte Schülerlabore an den Hochschulen oder auch Kitas und Schulen, die hier ihre Schwerpunkte setzen. Sehr bewährt hat sich auch das Angebot eines Schnupperstudiums an den Hochschulen.
- Die Vernetzung von universitärer Wissenschaft & Wirtschaft ist anderen Ländern, bspw. den USA, Alltagsgeschäft. Ausgründungen werden dort umfangreich unterstützt. Der wissenschaftliche Ideenaustausch mit Unternehmen, insbesondere der digitalen Wirtschaft, findet schnell und nahtlos statt. Wir fördern Sie die in Berlin etablierten universitären Gründerzentren? Welche Maßnahmen greifen und sind für die kommenden Jahre geplant?
- Noch unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit wurde eine sogenannte Startup Unit bei Berlin Partner ins Leben gerufen. Insgesamt 7 Initiativen befassen sich mit den unterschiedlichen Aspekten – von Venture Capital über Vernetzungen, Internationalisierung bis zu den Gründungen aus den Hochschulen. Bis zum Jahresende sollen hier die Maßnahmen zusammengefasst werden. Gerade die Gründungen aus den Hochschulen heraus stehen für mich als Wissenschaftssenatorin natürlich im Fokus. Sie haben inzwischen aber auch für die Wirtschaft der Stadt eine enorme Bedeutung. So erwirtschaften die Gründungen aus Hochschulen inzwischen über 1,7 Milliarden Euro und haben über 17.000 Arbeitsplätze geschaffen. Von einigen Standorten in den USA sind wir zwar leider noch weit entfernt, aber in Deutschland und Europa sind wir führend. Auch in den Berliner Hochschulen hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel vollzogen. Die Hochschulen machen das Thema Gründungen und Entrepreneurship heute viel stärker zu ihrem Thema. Erstmals haben wir in den Verträgen mit den Hochschulen jetzt auch das Ziel, Gründungen zu fördern, verankert. Bei der weiteren Entwicklung spielen die Gründerzentren an den Hochschulen aus meiner Sicht eine wichtige Rolle. Deshalb habe ich mich dafür stark gemacht, dass das Gründerzentrum an der Fabeckstraße kommt. Ich bin zudem der Auffassung, dass es uns auch noch stärker gelingen muss, dass der sprichwörtliche Gründergeist generell in den Seminaren einen festen Platz hat. Ein hervorragendes Beispiel ist dafür der Gewinner des Berliner Wissenschaftspreises der TU-Mathematiker Klaus-Robert Müller, der Spitzenforschung, Lehre sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Ziele sehr erfolgreich miteinander verbindet.
Datum: 27.03.2015