1. Herr Henkel, Berlins Wachstum und der Zuzug von ausländischen Startup-Fachkräften haben u.a. dafür gesorgt, dass Berlin ein Touristenmagnet ist, eine weltweite Trendmetropole. Andererseits wird bei manchen Altberlinern der Unmut über die Neuen in der Stadt lauter. Laut der kürzlich veröffentlichen Prognos Studie profitieren die ansässigen Berliner zu wenig vom Aufschwung und den neuen Jobs der “smart city” Berlin. Das bringt Unruhe. Auch unter den Kreativen macht sich der Frust über den Verlust von innerstädtischen Freiräumen breit. Welche Maßnahmen haben Sie diesbezüglich als Innensenator bereits ergriffen? Welche wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzen?  
    • Zunächst einmal stelle ich fest, dass sich Berlin in den letzten Jahren hervorragend entwickelt hat, was sich auch an den Wirtschaftszahlen ablesen lässt. Das Wirtschaftswachstum liegt bei 3 Prozent und liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Diese wirtschaftliche Entwicklung trägt sich selbst. Dies ist auch an den Jobzahlen zu sehen. Pro Jahr entstehen bei uns ca. 40 000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs. Die aktuelle Arbeitslosenquote ist die niedrigste seit Jahren. Hinzu kommt, dass unsere Stadt noch immer über einiges an Freiflächen verfügt und die Lebenshaltungskosten vergleichsweise erschwinglich sind. Wir wissen aber auch, dass dies nicht so bleibt. Gerade wenn die Wirtschaft boomt und der Zuzug anhält, besteht die Gefahr, dass die Mieten steigen. Für die Stadt bedeutet dies, dass der Bau von Wohnungen weiter forciert werden muss. Um als Stadt für Kreative interessant zu bleiben, haben wir in der zu Ende gehenden Legislaturperiode die Liegenschaftspolitik geändert. Jetzt werden Objekte nicht mehr allein meistbietend veräußert. Auch das Nutzungskonzept hat Einfluss auf die Preisgestaltung. Berlin ist eine wachsende Stadt, das ist positiv. Dieses Wachstum muss aber gestaltet werden. Wir brauchen also einen fairen Interessenausgleich. Der neue Senat in der nächsten Legislaturperiode muss dies weiter im Auge behalten, damit die Mischung in der Stadt erhalten bleibt.
  2. Verwaltungsstau, lange Wartezeiten in den Bürgerämtern, fehlendes, flächendeckendes WLAN, die Ausstattung der Verwaltung und der Polizei scheint unzureichend. Herr Henkel, digitale Lösungen wie eGovernment versprechen Besserung, wurden aber bisher nicht zufriedenstellend implementiert. Wird sich das in der kommenden Legislaturperiode ändern?
    • Als die Union in 2011 im Wahlkampf antrat, ging es uns darum, dort aufzuräumen, wo es in Berlin nötig war. In den letzten fünf Jahren ist uns einiges gelungen, aber natürlich sind noch nicht alle Probleme gelöst. Dennoch können sich die Erfolge sehen lassen. So ist uns im Bereich der Personalentwicklung eine Trendumkehr gelungen. Wir konnten den Personalabbau etwa bei der Polizei stoppen und wieder neue Leute einstellen. Beispielsweise hatte ich seinerzeit im Wahlkampf versprochen, 250 neue Stellen bei der Polizei zu schaffen. Nun werden es in dieser Legislaturperiode 1000 Stellen sein. Auch die willkürliche und unsinnige Festlegung auf eine Zielzahl von 100 000 Mitarbeitern im gesamten öffentlichen Dienst der Stadt haben wir aufgehoben. Jetzt wird auch in der Verwaltung wieder eingestellt. Es ist ja auch paradox gewesen: unsere Stadt wächst jährlich um ca. 40 000 Menschen, und die Verwaltung schrumpft weiter. Diesen Umstand haben wir schleunigst beseitigt, damit die öffentliche Verwaltung ein kompetenter Dienstleister für die Kunden sein kann. Dazu gehört auch, dass sie modern ausgestattet sein muss. Wir haben kürzlich das E-Government-Gesetz beschlossen und damit die Grundlage geschaffen, dass die Verwaltung bis 2023 vollständig elektronisch aufgestellt sein wird. Wir arbeiten in diesem Sinne weiter an einer Digitalisierung der Verwaltung. Sie kommt allen zugute: den Mitarbeitern in den Behörden, die schneller die notwendigen Prozesse und Abläufe im Verwaltungshandeln realisieren können und den Kunden, die zügig und kompetent bedient werden können. Ziel muss sein, dass sich in Berlin eine smarte Verwaltung entwickelt.
  3. Bildung und Sport sind, laut Expertenberichten, häufig die maßgeblichen Komponenten für eine erfolgreiche Integration, sie wirken deeskalierend, deradikalisierend, sorgen für eine gesellschaftliche Stabilität. Investitionen in die staatliche Bildung bewirken mittelfristig auch einen Aufschwung aller gesellschaftlicher Schichten. Bildung und Sport bewirken Teilhabe. Doch just in diesen beiden Bereichen klaffen große Finanzierungslücken. Welche Maßnahmen wollen Sie als Senator für Inneres und Sport zukünftig umsetzen?
    • Als Sportsenator bin ich sehr stolz darauf, dass es die insgesamt etwa 2300 Berliner Sportvereine zusammen auf sage und schreibe 620 000 Mitglieder bringen. Die meisten Mitglieder haben mit großem Abstand dabei die Fußballvereine, gefolgt von den Turnvereinen und den Tennisclubs. Die Vielfalt des Angebots und ein dichtes Vereinsnetz, das sich über die gesamte Stadt zieht, machen Berlin zu DER Sportmetropole in Deutschland, und dies ist ein wichtiges Kriterium, das unsere Stadt so attraktiv macht. Wir wissen um den verbindenden Charakter, den gerade der Mannschaftssport hat. Er spielt deshalb bei der Integration eine große Rolle. Viele Vereine engagieren sich auch mit einem Angebot für Flüchtlinge. Eine der Aufgaben wird es sein, weiterhin die Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit der Sport seiner gesellschaftlichen Rolle gerecht werden kann. Dies geht nur mit einer auskömmlichen finanziellen Ausstattung. Der Berliner Breiten- und Vereinssport wird auch künftig auf sicheren Beinen stehen. Das Land Berlin wird hier seinen Beitrag leisten. Das ist im Haushalt auch so vereinbart. Richtungweisend war dabei der Beschluss des Abgeordnetenhauses, im Zuge der Verabschiedung des Haushalts 2016/17 das Sportanlagensanierungsprogramm auf 18 Mio. Euro zu verdoppeln. Insgesamt kann ich sagen, dass die finanzielle Ausstattung des Sports in der Sportmetropole Berlin auskömmlich ist, was nicht heißt, dass sie nicht noch ausgebaut werden kann und muss. Jede Koalition nach dem 18. September muss sich mit diesem Thema befassen.

 

Datum: 01.07.2016