- Herr Sauer, Sie nennen Ihr Unternehmen einen globalen Digital-Intelligence-Anbieter. Was genau heißt das? Sie haben Büros in der ganzen Welt, warum ist Berlin Ihr Hauptsitz?
- Genau, Digital Intelligence steht bei uns im Zentrum. Unser Ziel ist, über die Personalisierung Unternehmen eine nutzerzentrierte Marketingstrategie zu ermöglichen.
- Konkret bedeutet das: Unsere Digital Intelligence Suite kombiniert Web und Mobile Analytics mit den Personalisierungsmöglichkeiten von nutzerzentrierten Daten und setzt diese in automatisiertes Marketing um. Wir schaffen Transparenz für Maßnahmen wie Onsite Recommendations, Retargeting oder individualisierte Mailings.
- Das ist eine große Wende im bisherigen Denken! Der Manager wendet sich ab vom kanalzentrierten Ansatz und konzentriert sich darauf, ein für den Nutzer einheitliches und auf ihn zugeschnittenes Erlebnis zu schaffen. Diese Wende hat Auswirkungen auf alle Branchen, sei es die Finanzwelt, die Medienindustrie oder den Automotive-Bereich.
- Wer diese Branchen und ihre Bedürfnisse der Zukunft verstehen will, muss da sein, wo Fortschritt gelebt wird. Berlin ist das Zentrum für High-End-Technologieunternehmen wie uns, wir haben unseren Hauptsitz seit 11 Jahren hier. Das digitale Netzwerk hier ist stark und viele Unternehmen treiben Innovationen voran ¬– wir empfinden das als ein fruchtbares Umfeld.
- „Deutschland verschläft die digitale Revolution“ warnten Sie lautstark und prominent Anfang letzten Jahres. Ist Deutschland endlich aufgewacht?
- Nein, Deutschland schläft leider immer noch. Die Diskussion über Datenschutz wird hier – und auf europäischer Ebene – vor allem aus der Perspektive der Angst geführt. Das führt zu einer unpragmatischen Überregulierung und zu enormen Verzögerungen bei Entscheidungen.
- Deutsche Unternehmen übernehmen diese Besorgnis und agieren sehr zurückhaltend, beispielsweise bei personalisierten Angeboten für ihre Kunden abseits der eigenen Website, wie etwa Warenkorbabbrechermails. Investoren schreckt dieses unsichere Klima ab – bestehende Richtlinien sind viel strenger als in den großen digitalen Wachstumsmärkten wie den USA, neue Regulierungen können jederzeit in Kraft treten.
- Währenddessen nutzen wir alle die Angebote der großen amerikanischen Unternehmen wie Amazon, Google oder Facebook und geben dort unsere Daten ab, ohne darüber nachzudenken. Diese Doppelmoral schadet Deutschland als Zukunftsstandort immens, das Land muss sich mutiger den Möglichkeiten der Digitalisierung öffnen. Langfristig profitiert davon sowohl die Wirtschaft als auch der Datenschutz.
- IFA Berlin, gamescom, dmexco – die drei wichtigsten Messen der Medienbranche stellen die allerneuesten Digitalisierungstrends vor. Die Offline-Online-Trennung wird es nicht mehr geben, alles ist verbunden, vernetzt. Macht Sie das nicht auch nervös? Welche Rolle spielt Digital Intelligence in dieser neuen Welt?
- Ich lebe gerne in einer so spannenden Zeit wie heute. Ich sehe die Digitalisierung als die nächste Entwicklungsstufe der Gesellschaft, an der wir teilhaben dürfen.
- Neue Technologien bergen natürlich auch Risiken in sich. Deshalb müssen wir verantwortungsvoll mit den Neuerungen umgehen und eine aktive Rolle bei der Digitalisierung einnehmen. Eine sinnvolle Bewertung der jeweiligen Konsequenzen ist dabei zentral: Stellen wir die Verfolgung durch ein Paar Schuhe im Internet auf die gleiche Ebene mit den Analysedaten eines menschlichen Genoms für unter 100 Euro? Selbstverständlich nicht. Bei der Information unseres Erbguts handelt es sich um äußerst sensible individuelle Daten, während Konsumpräferenzen eine ganz andere Qualität an Daten darstellen und dem Nutzer das Leben auch erleichtern.
- Daten werden oft als wichtigste Ressource der Gegenwart bezeichnet, was Digital Intelligence zu einem wichtigen Bestandteil dieser neuen Welt macht. Unternehmen müssen digital intelligent sein, um mit der Evolution Schritt zu halten – im Idealfall sind sie ihr sogar einen Schritt voraus. Deutsche Unternehmen, seid mutig, ihr bleibt sonst auf der Strecke.
Datum: 18.09.2015