1. Worauf können sich die Teilnehmer*innen eures Festivals an den drei Tagen freuen? 
    • Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt auf die drei neuen Projekte, die wir dieses Jahr zum ersten Mal präsentieren dürfen: LISTEN TO BERLIN: YOUTH bietet eine Plattform für die nächste Generation von Kreativen und Brancheninteressierten, MW:M Research ist ein neues kollaboratives Format und bietet eine spannende Möglichkeit für Künstler*innen und Forscher*innen in den Austausch zu gehen, und das Pilotprojekt Dogaja fördert den interkulturellen Dialog zwischen Berliner Musikschaffenden und Akteur*innen im osteuropäischen Raum.  

    • Andere Highlights sind das partizipative Hybrid Music Lab im Kesselhaus mit einem AI Prompt Battle sowie das Sustainable Knowledge Hub im SODA, wo alle möglichen Nachhaltigkeitsthemen durch unterschiedliche Diskursformate erforscht werden. Da Brandenburg dieses Jahr unser Fokus-Bundesland ist, wollen wir schauen, wie wir neue wirtschaftskulturelle Synergien in beiden Regionen strategisch weiterentwickeln und vertiefen können. Und da sich letzten Endes alles um die Musik dreht, freuen wir uns riesig auf die zahlreichen Talente aus Berlin, Brandenburg und beyond, die bei MW:M live dabei sein werden.  

  2. Das Motto der diesjährigen MOST WANTED: MUSIC lautet Monetize! Es soll u.a. darum gehen, dass alle Musikschaffenden eine gerechte Bezahlung erhalten. Was läuft eurer Meinung nach zurzeit schief in der Musikindustrie? 
    • Es gibt einige Herausforderungen in unserer Branche, die wir auf der Most Wanted genau unter die Lupe nehmen möchten: Der Elefant im Raum ist nach wie vor, dass die meisten Musikschaffenden von ihrer kreativen Arbeit alleine nicht leben können. Das grundsätzliche Gut der Musikbranche wird einfach nicht wertgeschätzt. Außerdem sind die grundlegenden Rahmenbedingungen des Schaffens weder ökonomisch noch sozial nachhaltig. Die wenigen Artists, die es finanziell geschafft haben, werden oft auf Kosten ihrer mentalen Gesundheit von der Industrie zum Produkt reduziert: Liam Payne, Avicii, Amy Winehouse, um nur einige zu nennen. 

    • Zum Thema Intersektionalität gibt es auch Luft nach oben – besonders hinter den Kulissen. „Divers“ gilt allzu oft nur für das, was auf der Bühne stattfindet und wird selten in den Managementpositionen widergespiegelt. Sexismus, der Gender Pay Gap und Machtmissbrauch sind leider auch unangenehme Realitäten, mit denen FLINTA-Personen immer noch konfrontiert sind.  

  3. Welche Stellschrauben sollten gedreht werden, um eine Verbesserung der Situation zu erzielen? Wo kann sich die Branche selbst helfen, wo braucht es politische Unterstützung? 
    • Auf einer individuellen sowie Branchenebene können wir uns alle für mehr Aufklärungsarbeit sowie für eine positive Kulturveränderung einsetzen. Mittlerweile gibt es keine Ausrede mehr, sich mit diesen kritischen Themen nicht immer weiter auseinanderzusetzen und sich weiterzubilden.  

    • Die meisten Punkte, die zum Problemfeld geworden sind, haben schon gesetzliche Regelungen, werden aber in der Praxis nicht priorisiert bzw. schlichtweg ignoriert. Man nehme zum Beispiel Barrierefreiheit: Hier wird sich immer noch zu oft ausschließlich auf die baulichen Gegebenheiten wie Rampen usw. konzentriert, anstatt die kommunikativen Barrieren oder die ableistischen Denkweisen zu adressieren.  

    • Ich hoffe sehr, dass die drohenden Haushaltskürzungen nicht dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für marginalisierte Menschen noch prekärer werden. Ich selber glaube sehr an die Kraft der kollektiven Zusammenarbeit und ich weiß, dass positive, nachhaltige Veränderung immer möglich ist, wenn unser Ansatz zum Thema „Monetize!“ ganzheitlich und vor allem menschlich und ökologisch fokussiert ist. Letztlich sind sie immer das höchste Gut. 

 

Oktober 2024

© Willi Boehm